Rz. 12
Durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde mit Wirkung zum 10.6.2021 bei der Nachbetreuungshilfe auch der Anspruch auf verständliche, nachvollziehbare und wahrnehmbare Beratung und Unterstützung eingefügt. Der Begriff "wahrnehmbar" war bereits im ursprünglichen Text vorgesehen (vgl. Gesetzesentwurf: BR-Drs. 5/21 S. 14 = BT-Drs. 19/26107 S. 24). Die Begriffe "verständlich und nachvollziehbar" hingegen sind erst durch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) in den Gesetzestext aufgenommen worden (BT-Drs. 19/28870 S. 43). Der Gesetzgeber hat damit das Paradigma der "leichten Sprache" im Jugendhilferecht insgesamt und auch in der Nachbetreuungshilfe zugunsten der Careleaver im Gesetz verankert (vgl. zur leichten Sprache im Zusammenhang mit § 41a auch DIJuF-Rechtsgutachten v. 7.6.2022, SN_2022_0754 Eh, JAmt 2022 S. 408).
Rz. 13
Die Vorschrift korreliert mit dem ebenfalls durch das KJSG mit Wirkung zum 10.6.2021 neu eingefügten § 8 Abs. 4, der die Anordnung beinhaltet, dass die Beteiligung und Beratung von Kindern und Jugendlichen in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen soll. Die Klarstellung, dass die Beratung und Aufklärung vor der Hilfegrundentscheidung in verständlicher und nachvollziehbarer Form zu erfolgen hat, hat erst Eingang in das Gesetz durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) gefunden (BT-Drs. 19/28870 S. 20). Die Änderung in § 8 Abs. 4 konkretisiert die Art und Weise der Beratung und Beteiligung von Kindern und Jugendlichen und greift damit auch einen Vorschlag des Bundesrates auf (BR-Drs. 5/21 (Beschluss), Nr. 4 S. 3; vgl. insoweit für § 8 Abs. 4 BT-Drs. 19/28870 S. 101; auf die Komm. zu § 8 Abs. 4 wird Bezug genommen).
Rz. 14
Die Ergänzung von § 41a Abs. 1 setzt damit den entsprechenden Vorschlag des Bundesrates um (vgl. BR-Drs. 5/21 (Beschluss), Nr. 25 S. 24; vgl. insoweit BT-Drs. 19/28870 S. 43, 105; mit dem insoweit auch zur Begründung für die Änderung von § 41a Abs. 1 auf die Überlegungen zur Änderung des § 8 Abs. 4 verwiesen wurde, vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 43, 105 unter insoweit ausdrücklichem Verweis auf S. 101).
Rz. 15
Außerdem findet sich auch eine Regelung mit gleicher Formulierung und Intention in § 36 Abs. 1 Satz 2, der ebenfalls erst durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) im Gesetzestext aufgenommen wurde (vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 33; damit wurde letztlich der entsprechende Vorschlag des Bundesrates zu § 8 Abs. 4 umgesetzt; vgl. BR-Drs. 5/21 (Beschluss), Nr. 4 S. 3, vgl. insoweit BT-Drs. 19/28870 S. 105 mit Verweis auf S. 101; auf die Komm. zu § 36 Abs. 1 Satz 2 wird Bezug genommen).
Rz. 16
Der Gesetzgeber hat die Subjektstellung der Kinder und Jugendlichen und durch § 41a Abs. 1 auch des jungen Volljährigen als ein zentrales Paradigma des SGB VIII angesehen und der Zielgruppe der Hilfeempfänger damit eine herausragende Stellung eingeräumt. Damit wird das zugrundeliegende Verständnis der Kinder- und Jugendhilfe als personenbezogene soziale Dienstleistung herausgestrichen (so die ausdrückliche Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 4; vgl. BR-Drs. 5/21 S. 68 = BT-Drs. 19/26107 S. 74). Jugendhilfe erfolgt daher alleine "um zu", um die Kinder und Jugendlichen zu fördern und ist kein Selbstzweck der Verwaltung. Partizipation auch von jungen Volljährigen und nicht nur von Kindern und Jugendlichen nach § 8 Abs. 4, ist dabei durch § 41a ein grundlegendes Gestaltungsprinzip der Kinder- und Jugendhilfe.
Rz. 17
Partizipation kann aber nur sichergestellt werden durch eine verständliche und nachvollziehbare Beratung und Unterstützung und damit durch eine verständliche Sprache und eine nachvollziehbare Aufbereitung der Entscheidungsgrundlage. Leichte Sprache ist insoweit auch eine Vorgabe von Art. 21 UN-Behindertenrechtskonvention in Bezug auf Kinder und Jugendliche mit Behinderungen. Damit wird auch dem klaren Votum der Arbeitsgruppe "SGB VIII: Mitreden-Mitgestalten" entsprochen (vgl. Abschlussbericht Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe, S. 29). Wegen der individuellen Beeinträchtigung eines jeden Kindes oder Jugendlichen – und damit auch des jungen Volljährigen – verbietet sich eine allgemeinverbindliche Vorgabe, was leichte Sprache im Einzelfall bedeutet; entscheidend ist vielmehr der jeweilige Einzelfall (zu § 8 Abs. 4; vgl.: BR-Drs. 5/21 S. 68 = BT-Drs. 19/26107 S. 74; zu § 36 Abs. 1 Satz 2: BR-Drs. 5/21 S. 80 = BT-Drs. 19/26107 S. 84).
Rz. 18
Der Begriff "wahrnehmbar" hingegen impliziert die Wahrnehmung von Informationen mittels Sinnesorganen und trägt dem Prinzip der Inklusion Rechnung; begünstigt werden damit z. B. junge Menschen mit Sehbehinderungen (vgl. auch BR-Drs. 5/21 (Beschluss), Nr. 25 S. 23). Der Anspruch vermittelt insoweit auch einen Anspruch auf "Barrierefreiheit"....