Rz. 14
Die Vorschrift soll nach Nr. 3 sicherstellen, dass nur Träger mit einem gewissen fachlichen Standard und einer zeitlichen Kontinuität des Handelns anerkannt werden. Verlangt wird eine fachliche und personelle Kompetenz, die geeignet ist, den Zweck einer oder verschiedener Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe zu decken (VG Gelsenkirchen, Urteil v. 25.4.2013, 2 K 5319/11). Aufgrund der bisherigen Arbeit des Trägers soll in einer prognostischen Entscheidung die Zuverlässigkeit und die zu erwartende Kontinuität der Leistungserbringung festgestellt werden (Trésoret, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., § 75 Rz. 52). Die fachlichen Voraussetzungen liegen hiernach vor, wenn inhaltliche Konzepte und Verfahren bezogen auf die konkrete Tätigkeit des freien Trägers erkennbar sind und diese Konzepte wiederum durch ein Personal-, Raum- und Finanzierungskonzept abgesichert sind (Wiesner/Wapler/Wiesner, 6. Aufl. 2022, SGB VIII, § 75 Rz. 11).
Rz. 14a
Das Personalkonzept soll sich an den Anforderungen der §§ 72, 72a orientieren, wonach nur Personen beschäftigt sein sollen, die sich für die jeweilige Aufgabe nach ihrer Persönlichkeit eignen und nicht aufgrund einschlägiger Vorstrafen potenzielle Gefährdungen für die von ihnen betreuten Kinder und Jugendlichen darstellen können (Trésoret, a. a. O., Rz. 53). Die personellen Voraussetzungen setzen voraus, dass der freie Träger aufgrund der Kompetenz der Leitung und der persönlichen Zuverlässigkeit, der fachlichen Kompetenz und der zeitlichen Verfügbarkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Lage ist, seine Aufgaben wahrzunehmen (VG Berlin, Urteil v. 7.11.2003, 17 A 467.00). Grundlagen der Prognoseentscheidung sind Art und Umfang der durchgeführten Maßnahmen, die Zahl der Mitglieder bzw. der Teilnehmer, Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter, die Zusammenarbeit mit dem (Landes-)Jugendamt und anderen öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe sowie die Solidität der rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Verhältnisse (Trésoret, a. a. O., Rz. 57 mit Hinweis auf die Grundsätze für die Anerkennung von Trägern der freien Jugendhilfe nach § 75 SGB VIII der Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesjugendbehörden v. 7.9.2016). Diese Voraussetzungen können erst auf der Grundlage einer gewissen Kontinuität beurteilt werden, wenn der Träger über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr hinweg tätig geworden ist.
Rz. 15
Der freie Träger muss prognostisch erwarten lassen, dass er einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande ist. Diese Voraussetzung darf allerdings nicht zu einer Diskriminierung kleiner oder nur örtlich und regional tätiger Träger führen. Sie darf daher nicht rein quantitativ verstanden werden. Jedoch können Träger von der Anerkennung ausgeschlossen werden, die kein dauerhaftes Engagement erwarten lassen und Leistungen i. S. d. SGB VIII nur "am Rande" oder "bei Gelegenheit" anderer Tätigkeiten erbringen (Wiesner/Wapler/Wiesner, 6. Aufl. 2022, SGB VIII, § 75 Rz. 12; Trésoret, a. a. O., Rz. 59 unter Verweis auf Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, § 75 Rz. 11).