2.2.1 3-jährige Tätigkeit
Rz. 17
Wer die vorab beschriebenen Bedingungen für eine Anerkennung nach Abs. 1 erfüllt, hat gemäß Abs. 2 einen Anspruch auf Anerkennung, wenn er mindestens 3 Jahre auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig gewesen ist. Für die Berechnung des Zeitraums von 3 Jahren kommt es darauf an, wann der Träger tatsächlich damit begonnen hat, auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig zu werden (Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, § 75 Rz. 14). Wann der Träger gegründet wurde oder beantragt hat, nach dem Ermessen der Behörde gemäß Abs. 1 anerkannt zu werden, ist hierfür unerheblich. Auf dem Gebiet der Jugendhilfe wird tätig, wer Aufgaben i. S. d. § 1 Abs. 1 und 3 sowie § 2 wahrnimmt. Der Freiraum, den § 3 Abs. 1 hinsichtlich der Organisation, der Wertorientierung sowie der Inhalte, Methoden und Arbeitsformen normiert, ist dabei zu berücksichtigen.
2.2.2 Bezug der Tätigkeit zum räumlichen Bereich des öffentlichen Trägers
Rz. 18
Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist es nicht erforderlich, dass der Antragsteller die gesamten 3 Jahre im Bereich des öffentlichen Trägers tätig war, an den er den Antrag auf Anerkennung richtet (a. A. Kern, a. a. O., § 75 Rz. 14); er braucht lediglich irgendwo in Deutschland auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig gewesen zu sein. Demnach hat beispielsweise derjenige Träger einen Anspruch auf Anerkennung gegenüber dem Landesjugendamt, der 2 Jahre nur im Bereich des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe tätig war, im 3. Jahr sein Tätigkeitsfeld auf den Zuständigkeitsbereich des Landesjugendamtes ausweitet und nach Ablauf dieses Jahres bei diesem die Anerkennung beantragt. Gleiches würde gelten, wenn der Antragsteller sein Betätigungsfeld vollständig in einen anderen Kreis oder eine andere kreisfreie Stadt und damit in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Jugendamtes verlegen würde. Der Zweck des § 75 Abs. 2 macht es nicht erforderlich, eine 3-jährige Tätigkeit im Zuständigkeitsbereich der Behörde zu verlangen, an die der Antrag gerichtet wird. Der Nachweis einer 3-jährigen Tätigkeit gewährleistet, dass der freie Träger die Rechte, die aus der Anerkennung folgen, nur dann ausüben soll, wenn er ausreichend praktische Erfahrung und Nachhaltigkeit nachweisen kann. Dies ist aber auch gegeben, wenn der Antragsteller außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde tätig war, die über den Antrag entscheidet. Sie kann sich, wenn sie es für erforderlich hält, bei den Jugendämtern erkundigen, in deren Bereich der Antragsteller tätig war.
2.2.3 Voraussetzungen nach § 75 Abs. 1
Rz. 19
Die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1 bis 4 müssen während der gesamten 3 Jahre der Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe vorgelegen haben. Der Anerkennungsbescheid unterliegt als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung der ständigen Kontrolle des öffentlichen Trägers dahingehend, ob die Voraussetzungen der Anerkennung weiterhin vorliegen (Trésoret, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl., § 75 Rz. 84; ebenso Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, § 75 Rz. 7). § 75 Abs. 2 könnte man nach dem Wortlaut zwar auch so verstehen, dass es ausreicht, wenn die Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Eine solche Auslegung würde jedoch zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen. Die Privilegien eines Anspruchs auf Anerkennung sollte nur derjenige Träger genießen, der während des gesamten Zeitraums die allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt. Für Abs. 1 Nr. 1, der eine Tätigkeit auf dem Gebiet der Jugendhilfe i. S.d § 1 verlangt, ist es selbstverständlich, da dieser Punkt sich inhaltlich deckt mit der Anspruchsvoraussetzung, 3 Jahre auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig gewesen zu sein. Auch für die übrigen Voraussetzungen würde es dem Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen, auch solchen freien Trägern einen Anspruch auf Anerkennung zuzusprechen, die während der 3 Jahre etwa zeitweise keine Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit geboten haben oder die zeitweise keine gemeinnützigen Ziele verfolgt haben.