Rz. 15

Die Jugendämter können anerkannte Träger der freien Jugendhilfe beteiligen. Sie müssen es nicht. Die Entscheidung der Jugendämter steht also sowohl hinsichtlich des "Ob" der Beteiligung als auch hinsichtlich des "Wie" im pflichtgemäßen Ermessen (so auch Schindler, in: LPK-SGB VIII, § 76 Rz. 7). Dieses bezieht sich auf die Auswahl des Trägers der freien Jugendhilfe ebenso wie auf den Umfang der Beteiligung oder Übertragung als auch auf die Frage, ob eine Vereinbarung über eine Beteiligung überhaupt angestrebt werden sollte.

 

Rz. 16

Jeder anerkannte Träger der freien Jugendhilfe, der am Abschluss einer Vereinbarung über eine Beteiligung interessiert ist, hat einen Anspruch darauf, dass die Jugendämter dieses Ermessen fehlerfrei ausüben. Das Jugendamt darf also weder die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreiten noch von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch machen (§ 114 VwGO). Ermessensfehlerhaft würde das Jugendamt etwa handeln, wenn es mit der Entscheidung Zwecke verfolgen würde, die von der gesetzlichen Ermächtigung nicht gedeckt sind. Demnach sind Erwägungen, die sich außerhalb des Kinder- und Jugendhilferechts bewegen, unzulässig. Ob ein Ermessensfehler vorliegt, muss in jedem Einzelfall entschieden werden. Einen Anspruch, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen, haben die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe allerdings nicht.

 

Rz. 17

Bedeutsam für die Auswahl des Trägers und den Umfang der Beteiligung oder Übertragung dürfte vor allem sein, um die Ausführung welcher Befugnisse es geht und inwieweit die Beteiligung und Übertragung der Wahrnehmung der öffentlichen Jugendhilfeaufgaben dient. Die Ermessensausübung erfolgt im öffentlichen Interesse. Sofern die Aufgaben sich auf obrigkeitliches Handeln beziehen, ist besondere Zurückhaltung am Platz. Eine Rolle spielt diese Einschränkung der Befugnisse vor allem bei der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen nach § 42. In der Regel dürfte hier nur eine Übertragung in Betracht kommen, bei der die Träger der freien Jugendhilfe Kinder oder Jugendliche betreuen und unterbringen, die sich freiwillig an sie wenden oder ihnen von staatlichen Organen zur Obhut vorübergehend überlassen werden (vgl. auch Münder, in: Münder u. a., FK-SGB VIII, § 76 Rz. 6).

 

Rz. 18

Sofern schlicht hoheitliches Handeln in Rede steht, können die Jugendämter in größerem Umfang Gebrauch davon machen. Dies gilt für Beratungen oder die Angabe von Stellungnahmen etc., wie es bei der Mitwirkung in Verfahren vor den Vormundschafts- und den Familiengerichten gemäß § 50 Abs. 1 und 2, der Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind nach § 51, der Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz nach § 52, der Beratung und Unterstützung bei Vaterschaftsfeststellung und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen nach § 52a sowie der Beratung und Unterstützung von Pflegern und Vormündern gemäß § 53a der Fall ist.

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