Rz. 14
Zu den Inhalten der Vereinbarungen über die Kosten der Inanspruchnahme macht § 77 keine rechtlichen Vorgaben. Dies lässt Raum für Ausgestaltung, solange die Höhe der Kosten Bezugspunkt der einvernehmlichen Regelung ist. Kernbestand sind die Festlegungen zur Höhe der Vergütung und zu ihrer Ermittlung. Praktisch bedarf es zumindest der Kriterien zur Bestimmung des Umfangs der Inanspruchnahme (Tages- oder Stundensatz, Fallpauschalen, Häufigkeit der Inanspruchnahme). Für die Festlegung der Höhe von Leistungsentgelten ist auf die Grundsätze der Leistungsfähigkeit und -gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu achten, die sich aus einer analogen Anwendung von § 78b Abs. 2 Satz 1, § 78c Abs. 2 Satz 1 ergeben (VG München, SRa 2015 S. 83; Siemes, SRa 2015 S. 87). Daneben empfehlen sich Beschreibungen der von der Einrichtung zu erbringenden Leistung nach Art, Inhalt, Umfang und Qualität.
Rz. 15
§ 77 lässt offen, ob Vereinbarungen nur eine einzige Einrichtung betreffen oder für eine Vielzahl von Einrichtungen bzw. Diensten gelten. Die Praxis kennt daher eine Vielzahl von Formen. Verbreitet sind vor allem sog. Rahmenvereinbarungen und Einzelvereinbarungen (dienst- und einrichtungsbezogen).
Rz. 16
Zum Teil sehen sog. Rahmenpflegesatzvereinbarungen die Bildung von Pflegesatzkommissionen vor, so wie sie im SGB XI und in §§ 78a bis g inzwischen von Gesetzes wegen vorgesehen sind. Pflegesatzvereinbarungen werden insoweit überörtlich durch einen Verband für die dem Verband angehörigen Träger abgeschlossen. Sie sind für den einzelnen Träger verbindlich, sofern der Verband den Träger bei der Vereinbarung wirksam vertreten hat. Der Abschluss der Pflegesatzvereinbarungen wirkt dann für die angeschlossenen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die Träger der Einrichtungen in ihrem Einzugsbereich. Mögliche Inhalte sind Festlegungen von Verfahren oder Methoden zur Ermittlung des Pflegesatzes, zur Personalausstattung, zu Abschreibungen, zu Investitions- und Instandsetzungskosten, zum Verfahren, zu den Kostennachweisen, den Prüfungsmöglichkeiten der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, zur Qualifikation des Personals u. a. Ziel ist die Vorauskalkulation der Selbstkosten. In §§ 78a bis g hat der Gesetzgeber für die dort genannten Leistungsbereiche auf der Grundlage der mit § 77 gewonnenen Erfahrungen zwingende Festlegungen getroffen. Der öffentlichen Jugendhilfe steht es frei, aus deren Umsetzung weitere Anregungen für die Praxis der Vereinbarungen nach § 77 zu ziehen. Der Landesgesetzgeber kann dies für einzelne Leistungsbereiche sogar gemäß § 78a Abs. 2 von Gesetzes wegen bestimmen. Weitergehende Einschränkungen für den Anwendungsbereich des § 77 sind mit den dortigen Regelungen hingegen nicht verbunden. Sie schränken auch die Möglichkeit nicht ein, sich bei Vereinbarungen nach § 77 durch Interessenverbände vertreten zu lassen.
Rz. 17
In der Praxis erweist es sich häufig als sinnvoll, Pflegesatzrahmenvereinbarung und einrichtungsbezogene Vereinbarungen nebeneinander abzuschließen. Sie haben sich ergänzende Funktionen. Vor allem die Einigung über die Ermittlung der zu erstattenden Kosten bereitet oft Schwierigkeiten. Die unumgänglichen Pauschalierungen und die Einigung auf Durchschnittswerte werden der Einrichtungssituation oft nicht gerecht. Da die Einrichtungen sehr unterschiedlich betrieben werden und der erforderliche personelle Aufwand für den Einzelfall vorab kaum zutreffend ermittelt werden kann, unterscheiden sich die Kosten im Einzelfall nicht selten von den Annahmen der Pflegesatzvereinbarungen (siehe Mrozynski, Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII, § 77 Rz. 4). Typischerweise werden im Rahmen von § 77 – daher auch die Bezeichnung als Pflegesatzvereinbarungen – Verträge über Pflegesätze von Einrichtungen in Form von Tagessätzen abgeschlossen. Dies können Einzelfallpauschalen, aber auch Gesamtpauschalen sein. Im Bereich der ambulanten Dienste wird häufig auf Fachleistungsstunden abgestellt. Möglich ist auch eine Vereinbarung, die nach Grundpauschalen, Maßnahmepauschalen sowie Investitionsbeträgen zur Unterhaltung des Betriebes unterscheidet.
Rz. 18
Pflegesatzvereinbarungen müssen beachten, dass das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten nach § 5 nicht beschränkt wird. Exklusivvereinbarungen zugunsten einzelner freier Träger wären demnach unzulässig.