Rz. 10
Abs. 4 Satz 1 sieht vor, dass der Sozialhilfeträger die Leistungsberechtigten auf die Beratung und Unterstützung von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege, von Angehörigen der rechtsberatenden Berufe und von sonstigen Stellen hinzuweisen hat. Gegenüber den Trägern der freien Wohlfahrtspflege genügt der Sozialhilfeträger damit seiner Verpflichtung aus § 5 Abs. 4, wonach dieser von der eigenständigen Leistungserbringung absehen soll, wenn diese im Einzelfall durch die Träger der freien Wohlfahrtspflege erbracht werden. § 5 Abs. 4 gewährleistet die im Bereich der öffentlichen Fürsorge übliche und bewährte Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Sozialhilfe und den freien Wohlfahrtsverbänden mit dem Ziel, durch koordinierten Einsatz öffentlicher und privater Mittel einen möglichst großen Erfolg zu erzielen (Streichsbier, a. a. O., § 11 Rz. 7 m. w.N.). Den Beratungsdiensten der in Abs. Satz 1 genannten Stellen kommt damit eine besondere Bedeutung zu. Dabei steht es dem Leistungsberechtigten allerdings frei, ob er sich an diesem Hinweis orientiert oder ob er sich an den Sozialhilfeträger wenden möchte, der dann seinerseits zur Beratung verpflichtet ist (Streichsbier, a. a. O., § 11 Rz. 7 m. w. N.). "Hinweisen" bedeutet damit keinesfalls "verweisen" (vgl. Hohm, in Schellorn/Hohm/Schneider/Busse, 21. Aufl., § 11 Rz. 40).
Rz. 11
Die Tatsache, dass es ganz unterschiedliche Verbände der freien Wohlfahrtspflege gibt (vgl. § 5) – nicht nur konfessionell geprägte –, wie Caritas, Diakonie oder die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden –, sondern auch weltanschaulich neutrale – wie Der Paritätische Wohlfahrtsverband – oder anders ausgerichtete – wie AWO und DRK –, ermöglicht, dass eigentlich sämtliche Leistungsberechtigten eine nach ihren Neigungen ausgerichtete Beratungsstelle finden können, zumal immer auch die Beratung durch den Sozialhilfeträger neben diesem Angebot gewährleistet sein muss. Es existieren allerdings nicht flächendeckend Beratungsstellen aller Verbände der freien Wohlfahrtspflege; dies hängt mit der regionalen Verbreitung und auch der inhaltlichen Positionierung bzw. den jeweils gewählten Tätigkeitsschwerpunkten der Verbände zusammen. Die Beratung des Sozialamtes dagegen ist stets präsent.
Rz. 12
Mit der Einführung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zum 1.8.2008 ist es den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege und den sonstigen Beratungsstellen nach § 8 Abs. 1 RDG erlaubt, eine außergerichtliche Rechtsberatung im Rahmen ihres Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichs durchzuführen (vgl. Streichsbier, a. a. O., § 11 Rz. 16). Eine Befugnis zur Rechtsbesorgung i. S. d. Vertretung in Rechtssachen im gerichtlichen Verfahren oder im Vorverfahren besteht nicht (Hohm, a. a. O., § 11 Rz. 39).
Rz. 13
Der Hinweis in Abs. 4 Satz 1 auf die Beratungsmöglichkeiten durch "Angehörige rechtsberatender Berufe" bezieht sich auf Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater (Dauber, a. a. O., Stand: 06/2023, § 11 Rz. 38).
Rz. 14
Mit den "sonstigen Stellen" sind z. B. die Verbraucherzentralen und ihre Beratungsbüros gemeint (Dauber, a. a. O., Stand: 6/2023, § 11 Rz. 36).
Rz. 15
In Abs. 4 Satz 2 wird im Anschluss an die allgemeine Beratung (Satz 1) auf den Fall der gebotenen "weitere(n) Beratung" abgestellt; wobei Voraussetzung für die Inanspruchnahme die Gebotenheit und damit ein qualifizierter Beratungsbedarf ist (Ehmann, in: GK-SRB, 3 Aufl. 2023, SGB XII, § 11 Rz. 23). Konkret werden in § 11 Abs. 2 Satz 2 dabei die Schuldnerberatung oder andere Fachberatungsstellen genannt. Erfasst werden hier Fälle, die aufgrund einer schwerwiegenderen, länger andauernden Problemlage eine qualifiziertere Beratung erforderlich machen, wie z. B. eine Suchtberatung, Familienberatung oder Schwangerschaftsberatung (Streichsbier, a. a. O., § 11 Rz. 7).
Rz. 16
Auf die Inanspruchnahme dieser Form der Beratung soll der Sozialhilfeträger "hinwirken", d. h. durchaus konkreter und nachdrücklicher den Leistungsberechtigten motivieren. Gerade im Zusammenhang von Verschuldungssituationen kann die Begleitung durch eine Schuldnerberatungsstelle von großem Nutzen sein, wenn bedacht wird, dass die Regelsätze im SGB XII stark pauschaliert worden sind und der Umgang damit einige Anforderungen an die Leistungsberechtigten stellen kann. Allerdings besteht auch hier für die leistungsberechtigte Person keine Verpflichtung, die empfohlene Stelle auch tatsächlich aufzusuchen bzw. deren Dienste in Anspruch zu nehmen.
Rz. 17
Nach Abs. 4 Satz 3 sollen die angemessenen Kosten einer derartigen Beratung nach Satz 2 unter bestimmten Voraussetzungen übernommen werden. Die Kostenübernahme als Regelfall ist allerdings auf solche Fälle begrenzt, in denen eine Lebenslage, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich macht oder erwarten lässt, ohne eine entsprechende Fachberatung nicht überwunden werden kann. Nicht bei jeder Notlage handelt es sich um eine "Lebenslage" in diesem Sinne (vgl. BSG, Urteil v. 13.7.2010, B 8 SO 14/09 R). Für andere Fälle ist nach Satz 3 HS 2 ledigli...