Rz. 14
Nicht nur die Unterhaltspflichtigen und die Kostenersatzpflichtigen, sondern auch die nicht getrennt lebenden Ehegatten der Unterhaltspflichtigen sowie Personen, von denen nach § 39 trotz Aufforderung unwiderlegt vermutet wird, dass sie Leistungen zum Lebensunterhalt an andere Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft erbringen, sind nach dem Wortlaut des Abs. 1 gegenüber dem Sozialhilfeträger zur Auskunft verpflichtet (zur restriktiven Auslegung dieser Bestimmung s. oben unter 1). Die Unterhaltspflicht muss gegenüber dem Hilfesuchenden bzw. dem Hilfeempfänger möglich sein. Es kann sich um eine gesetzliche oder um eine vertragliche Unterhaltspflicht handeln. Eine bloß sittliche Unterhaltspflicht (z. B. zwischen Geschwistern) genügt nicht (Wieser, in: Adolph, a. a. O., § 117 Rz. 6a). Dem steht auch die Regelung des § 84 Abs. 2 nicht entgegen, weil sie nur tatsächlich gewährte Zuwendungen erfasst, aber gerade keine Aussage darüber enthält, ob derartige Zuwendungen in Zukunft weiter zu erwarten sind.
Rz. 15
Eine Auskunftspflicht von Unterhaltspflichtigen kommt nur dann in Betracht, wenn und soweit die sozialhilferechtliche Entscheidung in dem zur Entscheidung stehenden Fall von seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und damit vom Bestehen eines Unterhaltsanspruchs abhängig ist. Dies können auch mittelbare Abhängigkeiten sein.
Obwohl z. B. der Ehegatte gegenüber den Schwiegereltern (des Unterhaltspflichtigen) nicht zum Unterhalt verpflichtet ist, können sich seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf die wirtschaftliche Situation des Unterhaltspflichtigen auswirken und insoweit dessen Unterhaltspflicht gegenüber seinen Eltern beeinflussen. Der XII. Zivilsenat des BGH hat an diesem Beispiel eine außerordentlich weit reichende Rechtsprechung entwickelt, die Auswirkungen auf alle Bereiche des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsrechts und das daran geknüpfte Auskunftsverlangen nach § 117 hat (BGH, Urteil v. 5.10.2013, XII ZR 122/00). Der XII. Senat meint, sowohl in auskömmlichen wie in Mangelfällen scheide eine Inanspruchnahme und Auskunftsverpflichtung durch den Träger der Sozialhilfe nicht aus. In auskömmlichen Fällen sei auf den Taschengeldanspruch zuzugreifen, zu dessen Bestimmung die Lebensverhältnisse im Einzelnen darzulegen seien. Gleiches gelte in Mangelfällen. Mit Rücksicht auf die Sparquote in Deutschland müsse der für seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit darlegungsbelastete Unterhaltspflichtige auch dann, wenn das Familieneinkommen die ihm und seinem Ehegatten zuzubilligenden Mindestselbstbehaltsätze für den Unterhalt an Eltern nach der Düsseldorfer Tabelle übersteige, vortragen, wie sich der Familienunterhalt gestalte und ob und ggf. welche Beträge zur Vermögensbildung verwendet würden. Vermögensbildende Maßnahmen des Unterhaltspflichtigen dürften sich – soweit es nicht etwa um die Finanzierung eines angemessenen Eigenheims oder in angemessenem Rahmen betriebene zusätzliche Altersversorgung gehe – nicht zulasten eines unterhaltsberechtigten Elternteils auswirken. In diesem Sinne bedeutsame Anhaltspunkte könne auch der Träger der Sozialhilfe geltend machen, da er nach § 117 Abs. 1 von dem Unterhaltspflichtigen und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse verlangen könne, soweit die Durchführung dieses Gesetzes es erfordere. In beiden Fallgruppen verlangt der BGH zur Beurteilung der Frage, in welcher Höhe der Familienunterhalt anzusetzen ist, eine Würdigung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls (insbesondere zu Konsum- und etwaigen Spargewohnheiten der Unterhaltspflichtigen und ihrer Ehegatten).
Rz. 16
Daher kann der Unterhaltspflichtige die Auskunft nicht mit dem pauschalen Hinweis auf die Einkommensgrenzen der Unterhaltstabellen und die darauf gestützte Behauptung ablehnen, er sei nicht unterhaltspflichtig, weil er Unterhaltsleistungen nicht ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts leisten könne (§ 1603 Abs. 1 BGB). Seine Auskunft ist in diesen Fällen notwendig, da nur auf diese Weise vom Sozialhilfeträger die ihm obliegende Prüfung der Nachrangigkeit der Sozialhilfe erfolgen kann. Dies gilt auch, wenn er zum berechtigten Personenkreis des § 94 Abs. 3 gehört (BayVGH, Beschluss v. 3.9.1998, 12 ZB 98.2148), es sei denn, es ist offenkundig, dass eine unbillige Härte vorliegt (VG Hamburg, Beschluss v. 7.2.1994, 4 VG 4196/96).
Rz. 17
Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist jedoch zu schließen, dass der Träger der Sozialhilfe bei mehreren in Betracht kommenden Unterhaltsverpflichteten den zivilrechtlichen Nachrang (§ 1606 BGB) zu beachten und daher Auskünfte erst von den vorrangig Unterhaltspflichtigen verlangen darf (so Schoch, in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, LPK-SGB XII, 12. Aufl. 2020, § 117 Rz. 12, entgegen BVerwG, Urteil v. 21.1.1993, 5 C 22/90).
Rz. 18
Auch die Auskunftspflicht des Kostenersatzpflichtigen (§ 102 bis § 105) über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse besteht nur, wenn und sowe...