0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat als Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 2.12.2006 (BGBl. I S. 2670) mit Wirkung zum 7.12.2006 in Kraft. Sie enthielt Regelungen zur Weihnachtsbeihilfe in Einrichtungen für das Jahr 2006. Durch Art. 3 Nr. 39 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch v. 24.3.2011 (BGBl. I S. 453) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.2011 aufgehoben.
Durch Art 3a Nr. 15 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG) v. 22.12.2016 (BGBl. I S. 3159) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.7.2017 mit gänzlich neuen Inhalt, nämlich mit einer Übergangsregelung zu Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Bereich der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Kraft gesetzt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift enthält besitzstandswahrende Regelungen für solche leistungsberechtigte Personen, die in Mehrpersonenhaushalten mit nahen Angehörigen oder in Wohngemeinschaften leben und vor dem 1.7.2017 höhere als die in § 42a Abs. 3 und 4 vorgesehenen Leistungen für Unterkunft und Heizung erhalten hatten. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/10519 S. 24) heißt es dazu: Mit der Neuregelung eines Anspruchs auf Differenzmiete für haushaltsangehörige Leistungsberechtigte, die vertraglich nicht zur Tragung von Unterkunftskosten verpflichtet sind, könnte es ab Inkrafttreten der Neuregelung zu Verschlechterungen kommen, sofern in Einzelfällen bei Leistungsberechtigten aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des BSG – insbesondere der Entscheidung B 8 SO 10/14 R v. 17.12.2015 – höhere Bedarfe für Unterkunft anerkannt worden sind. Die Übergangsregelung stellt sicher, dass bei Leistungsberechtigten in Verwandtenhaushalten, bei denen bislang höhere Bedarfe für Unterkunft und Heizung anerkannt worden sind, diese weiterhin anzuerkennen sind, solange sie in der entsprechenden Wohnung in einem Mehrpersonenhaushalt leben.
2 Rechtspraxis
2.1 Zusammenwohnen mit nicht hilfebedürftigen Personen
Rz. 3
Die Vorschrift enthält besitzstandswahrende Regelungen für zwei Fallgestaltungen:
- Es wurden für Leistungsberechtigte, die in Mehrpersonenhaushalten mit (nicht hilfebedürftigen) nahen Angehörigen wohnten und weiterhin wohnen, vor dem 1.7.2017 Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 35 anerkannt, die dem Kopfteil an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entsprechen, die für einen entsprechenden Mehrpersonenhaushalt als angemessen gelten, oder
- es wurden Leistungsberechtigten in Wohngemeinschaften mit anderen Personen vor dem Stichzeitpunkt Leistungen anerkannt, die nach ihrer Höhe der durchschnittlichen Warmmiete eines Einpersonenhaushaltes im örtlichen Zuständigkeitsbereich des für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständigen Trägers nicht übersteigen.
2.2 Fortbestehen der Wohnsituation
Rz. 4
Der Leistungsberechtigte muss weiterhin in der Wohnung leben, die er am 1.7.2017 innehatte. Die Wohnung muss ferner weiterhin von mehreren Personen bewohnt werden. Soweit diese Voraussetzung erfüllt wird, ist es unschädlich, wenn es zum Auszug einzelner Mitbewohner (Angehörige des Leistungsberechtigten oder etwa Mitbewohner einer Wohngemeinschaft) kommt. Falls der Leistungsberechtigte nach dem 1.7.2017 vorübergehend die Wohnung allein bewohnt, kann die Übergangsregelung anschließend nicht wieder aufleben, falls sodann wieder weitere Personen hinzukommen. Selbstverständlich ist die Übergangsregelung auch dann nicht mehr anzuwenden, wenn der Leistungsberechtigte aus der Wohnung auszieht (vgl. dazu auch BT-Drs. 18/10519 S. 24).
2.3 Rechtsfolgen
Rz. 5
Dem Eingangssatz von § 133b entsprechend finden § 42a Abs. 3 und 4 keine Anwendung, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Übergangsregelung erfüllt sind. Dies bedeutet, dass die Beschränkung auf den differenzmethodisch ermittelten Pauschalbetrag und für Leistungsberechtigte in Wohngemeinschaften mit anderen Personen die Beschränkung auf den Kopfteil an der Angemessenheitsgrenze für Mehrpersonenhaushalte entfällt. Stattdessen sind weiterhin Bedarfe nach Maßgabe des § 35 anzuerkennen (Binding, in: Coseriu/Siefert, jurisPK-SGB XII, § 133b Rz. 19).
Die Übergangsregelung sperrt nicht die Anwendung von § 45 oder 48 SGB X. Falls schon vor dem 1.7.2017 die Leistungsbewilligung in der bisherigen Höhe aufzuheben war, weil die faktische Mitbeteiligung an den Kosten des Mehrpersonenhaushalts endete, liegen insoweit die Grundvoraussetzungen für die (teilweise) Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor. Wurden vor dem 1.7.2017 zu Unrecht höhere Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 35 anerkannt, so liegen insoweit die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB X für die (teilweise) Rücknahme der Bewilligung vor.