Rz. 8
§ 21 sieht in Satz 1 vor, dass Personen, die nach dem SGB II leistungsberechtigt sind, keine Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten.
Rz. 9
Hinsichtlich der Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII einerseits und dem SGB II andererseits besteht kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis; der Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB II schließt vielmehr i. S. einer Systemabgrenzung gemäß § 5 Abs. 2 SGB II i. V. m. § 21 SGB XII Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII aus (BSG, Urteil v. 25.9.2014, B 8 SO 6/13 R, Rz. 11). Die Abgrenzung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB II bzw. dem SGB XII vollzieht sich in erster Linie nach der Erwerbsfähigkeit bzw. aufgrund des Zusammenlebens mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft (vgl. Becker, ZfSH/SGB 2022, 316, 324). Die Abgrenzungsregel des § 21 kann jedoch bereits dem Wortlaut nach ("dem Grunde nach") nicht auf das schlichte Kriterium der Erwerbsfähigkeit reduziert werden, sondern ist, bezogen auf die jeweiligen Ausschlussgründe, differenzierter (BSG, Urteil v. 3.12.2015, B 4 AS 44/15 R, Rz. 40 ff.; BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 14 AS 15/14 R, Rz. 38; zustimmend Pattar, SGb 2016, 665, 670 f.). Vgl. dazu im Einzelnen unten Rz. 9b. Im Grundsatz gilt für die Systemzuweisung aufgrund der Erwerbszentriertheit des SGB II, dass derjenige, der von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden soll, dem System des SGB XII zugewiesen wird (BSG, Urteil v. 3.12.2015, a. a. O., Rz. 41).
Nach § 8 Abs. 1 SGB II ist erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsfähig in diesem Sinne ist auch, wer wegen der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, solange er mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig sein kann (BSG, Urteil v. 21.12.2009, B 14 AS 42/08 R, Rz. 15); Bezieher einer sog. Arbeitsmarktrente sind daher erwerbsfähig.
Rz. 9a
Ob der Ausschluss auch hinsichtlich der Übernahme der Kosten einer Schuldnerberatung eingreift, war umstritten (Bejahend: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 25.5.2009, L 20 SO 54/07; ablehnend: Krahmer, ZfF 2006, 155; Spindler, info also 2008, 12). Letztlich hängt dies davon ab, ob eine allgemeine Auffangfunktion der Sozialhilfe für Nichtleistungsempfänger bejaht wird. Das BSG hat zwischenzeitlich entschieden (Urteil v. 13.7.2010, B 8 SO 14/09 R), dass ein Bezieher von Leistungen nach dem SGB II einen Anspruch auf vorbeugende Schuldnerberatung nach dem SGB XII nur im Zusammenhang mit Leistungen, die auch Erwerbstätigen nach diesem Gesetz zustehen, haben kann, d. h. im Zusammenhang mit Leistungen nach dem 5 bis 9. Kapitel, nicht jedoch mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Rz. 9b
Bei erwerbsfähigen Ausländern, die nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGB II nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II sind, greift der Ausschluss nach Satz 1 nicht (BSG, Urteil v. 3.12.2015, a. a. O., Rz. 40 ff.; BSG, Urteil v. 16.12.2015, a. a. O., Rz. 38; zustimmend Pattar, SGb 2016, 665, 671; Hess. LSG, Beschluss v. 14.10.2009, L 7 AS 166/09 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 27.6.2007, L 9 B 81/07 AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 3.11.2006, L 20 B 248/06 AS ER). Diese erhalten – unter Beachtung der Einschränkungen des § 23 – Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII (BSG, Urteil v. 3.12.2015, a. a. O., Rz. 44; BSG, Urteil v. 16.12.2015, a. a. O., Rz. 39).
Auch bei Personen, die sich i. S. d. § 7 Abs. 4 SGB II in einer stationären Einrichtung aufhalten und aufgrund dessen von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sind, greift der Ausschluss nach § 21 Satz 1 nicht.