2.1.2.1 Überblick
Rz. 8
Abs. 2 entspricht im Grundsatz dem § 21 Abs. 3 BSHG. Bei der Ergänzung in Satz 1 handelt es sich um eine Folgeänderung aufgrund der Neukonzeption der Regelsätze (vgl. Komm. zu § 28), die auch die überwiegenden früheren einmaligen Leistungen enthalten (vgl. BT-Drs. 15/1514 S. 61 zu § 36).
Rz. 9
Die Ergänzung des früheren Gesetzeswortlautes um die Wörter "insbesondere Kleidung" ist vor diesem Hintergrund so zu verstehen, dass der weitere notwendige Lebensunterhalt i. S. v. Abs. 2 Satz 1 alle Bedarfe umfasst, die in § 27 Abs. 1 genannt sind und die nicht schon durch die in der Einrichtung selbst erbrachte Leistung (z. B. Unterkunft) gedeckt sind. Dabei sind aus Transparenzgründen Leistungen, die vom Barbetrag erfasst werden, von denen des sonstigen notwendigen Lebensunterhaltes abzugrenzen, um zu verhindern, dass ersterer beliebig und als Auffangbecken für alle weiteren Bedarfe des Lebensunterhaltes genutzt wird (vgl. BSG, Urteil v. 23.8.2013, B 8 SO 17/12 R, Rz. 36, mit Anm. Philipp, Sozialrecht aktuell 2013 S. 175; Urteil v. 15.11.2013, B 8 SO 25/11 R, Rz. 14). Als Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhaltes kommen in Betracht: angemessene Internetkosten, wenn das Heim keinen Internetzugang anbietet (vgl. BSG, Terminbericht Nr. 60/12 vom 15.11.2012, Anerkenntnis zum Az. B 8 SO 5/11 R, Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 25.11.2010, L 1 SO 23/10). Angemessene Kosten der Räumung der Wohnung, wenn der zusätzliche Bedarf erst während des Bezugs der stationären Leistung entsteht (vgl. BSG, Urteil v. 15.11.2012, B 8 SO 25/11 R, Rz. 19 ff.; weitere Beispiele bei Behrend, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, Stand: 11.3.2019, § 27b Rz. 42 ff.).
Rz. 10
Gemäß Abs. 2 Satz 1 HS 2 findet § 31 Abs. 2 Satz 2 keine Anwendung. Das bedeutet, dass eine Anrechnung von Einkommen, welches ein Berechtigter innerhalb eines halben Jahres nach Bewilligung der Leistung zum weiteren notwendigen Lebensunterhalt erwirbt, nicht berücksichtigt werden darf.
2.1.2.2 Barbetrag
Rz. 11
Im Wesentlichen enthält Abs. 2 Regelungen über den zusätzlichen Barbetrag (früher: Taschengeld) in stationären Einrichtungen. Mit diesem Betrag soll dem Berechtigten die Befriedigung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens ermöglicht werden, die bei einer Hilfe außerhalb von stationären Einrichtungen mit dem Regelsatz abgegolten sind. Derartige Bedürfnisse sind z. B. die Aufrechterhaltung sozialer, insbesondere familiärer Kontakte, die allgemeine und politische Information sowie die Teilnahme am kulturellen Leben.
Rz. 12
Auf die Gewährung des Betrages besteht ein Rechtsanspruch. Sie steht nicht im Ermessen des Sozialhilfeträgers und ist insbesondere auch unabhängig von der Dauer des Aufenthaltes in der Einrichtung. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit des Barbetrages (vgl. Rz. 16 ff.) unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung.
2.1.2.2.1 Zur persönlichen Verfügung
Rz. 13
Der Betrag steht den Berechtigten zur persönlichen Verfügung zu. Daraus folgt zunächst, dass der Betrag grundsätzlich in einer Weise zur Verfügung zu stellen ist, die auch eine persönliche Verfügung ermöglicht. Dementsprechend ist der Betrag in aller Regel als Geldleistung zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich nicht nur schon aus dem Wort "Barbetrag" in Abs. 2 Satz 1, sondern auch aus dem Grundsatz des § 10 Abs. 3. Sachleistungen sind nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen, z. B. wenn dieses aus medizinischen Gründen geboten ist.
Rz. 14
Für Berechtigte, die noch über ein gewisses Einkommen verfügen, sah § 21 Abs. 3 Satz 5 BSHG früher vor, dass statt der Zahlung des Barbetrages auch ein bestimmter Teil des Einkommens (z. B. ein Teil der auszuzahlenden Rente) bei der Anrechnung freigestellt werden konnte. Diese Regelung war nicht zuletzt wegen der Regelungen zum gesetzlichen Forderungsübergang im Rahmen von §§ 102 ff. SGB X problematisch. Der Gesetzgeber hat die Regelung nicht mit in das neue Recht übernommen. Die Option für den Träger der Sozialhilfe, Einkommen frei zu lassen, ist damit entfallen. Der als Geldleistung zu zahlende "weitere notwendige Lebensunterhalt" ist systematisch tatsächlich und rechtlich ausschließlich Hilfe zum Lebensunterhalt und unterliegt damit den hierfür geltenden Einkommensberücksichtigungsvorschriften (BSG, Urteil v. 20.04.2016, B 8 SO 25/14 R, Rz. 15).
Rz. 15
Kann aus bestimmten Gründen (z. B. schwere geistige Verwirrtheit o. Ä.) der Barbetrag nicht zur unmittelbaren persönlichen Verfügung des Berechtigten gestellt werden, ist er von Dritten für den Berechtigten zu verwenden, im Ergebnis also an diese auszuzahlen. Dies ergibt sich aus Abs. 2 Satz 4. Aus dem Heimvertrag kann sich die Verpflichtung des Heimträgers ergeben, die seinem geistig behinderten Bewohner bewilligten Barbeträge zur persönlichen Verfügung zu verwalten, wenn dieser neben dem Lebensunterhalt in Einrichtungen Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft oder Hilfe zur Pflege erhält (BGH, Urteil v. 2.12.2010, III ZR 19/10, Rz...