Rz. 9
Abs. 2 sieht vor, dass die Neufestsetzung durch Verordnung der Landesregierungen zu erfolgen hat. Die Verordnungsermächtigung kann von den Landesregierungen auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen werden. Dies entspricht dem in § 28 Abs. 2 (in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung) geregelten Verfahren. Für die abweichende Regelsatzfestsetzung wurden die bereits darin enthaltenen Vorgaben übernommen. Dies bedeutet, dass sich die abweichende Neufestsetzung durch die Länder grundsätzlich vollständig am Verfahren des § 28 orientieren muss. Dabei sind anstelle der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen, die sich aus der bundesweiten Sonderauswertung der EVS ergeben, aus regionalen Sonderauswertungen der EVS ermittelte Regelbedarfsstufen zugrunde zu legen. Die in einem Land vorhandenen Besonderheiten, die sich auf die Höhe der Regelbedarfe auswirken, können bei der Neufestsetzung der Regelsätze berücksichtigt werden. Die abweichend ermittelten Regelbedarfe sind vom Jahr der Erhebung der EVS bis zum Jahr, das der Neufestsetzung vorausgeht, entsprechend den Vorgaben des § 28a Abs. 2 fortzuschreiben und ergeben die Regelsätze.
Rz. 10
Da die Länder aufgrund der Regelung in Satz 4 befugt sind, bei der Festsetzung auf ihr Land bezogene besondere Umstände zu berücksichtigen, können sie grundsätzlich auch vom RBEG abweichende Bewertungen vornehmen. Dennoch dürfte der hierdurch eröffnete Gestaltungsspielraum relativ gering sein (ausführlich dazu Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 25. EL XII/2011, § 29 Rz. 15 ff.). Denn auch die Länder sind bei der Festsetzung abweichender Regelsätze an das vom BVerfG aufgestellte Begründungs- und Transparenzgebot gebunden.
Rz. 11
Die Vorschrift ist jedenfalls unter 2 Aspekten nicht unproblematisch. Zum einen erscheint fraglich, ob die Festsetzung durch Verordnung, wie sie das Gesetz vorsieht, den Anforderungen des Urteils des BVerfG v. 9.2.2010 (1 BvL 1/09 u. a., Rz. 136 f.) gerecht wird, wonach das Existenzminimum durch einen (parlamentsgesetzlichen) Anspruch gesichert sein muss (vgl. dazu ausführlich Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: 25. EL XII/2011, § 29 Rz. 13). Außerdem stellt sich die Frage, wie das Abweichen von bundeseinheitlichen Regelsätzen (ggf. auch nach unten) mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang zu bringen sein kann, da die Vorschriften des SGB II eine solche Abweichungsmöglichkeit nicht vorsehen. Eine Rechtfertigung wäre wohl nur denkbar, wenn sich die Abweichung der Höhe nach aus der fehlenden Erwerbsfähigkeit des vom SGB XII erfassten Personenkreises ergeben würde. Davon kann aber nicht ausgegangen werden (vgl. Gutzler, in: jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, Stand: 1.2.2020, § 29 Rz. 24).