Rz. 6
Abs. 1 umschreibt (im Anschluss an § 19 Abs. 2 Satz 1) den Personenkreis der Leistungsberechtigten und unterscheidet dabei zwischen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Invalidität). Auf die Leistungen besteht ein individueller Rechtsanspruch (i. S. d. § 194 BGB). In Abs. 2 enthält die Vorschrift die Anspruchsgrundlage für die Leistungen der Grundsicherung im Alter, wobei die Altersgrenze wie bei der Regelaltersrente durch das RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz für die Geburtsjahrgänge von 1947 bis 1964 von 65 auf 67 Jahre angehoben wird. Abs. 3 enthält die Regelungen zur Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Leistungsberechtigt sind diejenigen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und unabhängig von der Arbeitsmarktlage dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Abs. 4 normiert einen Leistungsausschluss für diejenigen, die in den letzten 10 Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben.
Rz. 7
Sind sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, muss der Sozialhilfeträger die Leistungen gewähren (gebundene Entscheidung); ein Ermessensspielraum steht ihm nicht zu (Brühl/Schoch, LPK-SGB XII, § 43 Rz. 4; Kreiner, in: Oestreicher, SGB XII/SGB II, § 41 Rz. 1, 21). Er entscheidet über die Grundsicherungsleistungen durch Verwaltungsakt (§§ 31ff. SGB X). In Angelegenheiten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit für die ab dem 1.1.2005 anhängig werdenden Rechtsstreitigkeiten auch dann gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG zuständig, wenn noch das bis zum 31.12.2004 geltende Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung anwendbar ist (BSG, Beschluss v. 13.10.2005, B 9b SF 4/05 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 1 = SGb 2006 S. 178, 179 = FEVS 57 S. 350; a. A. LSG Celle-Bremen, Beschluss v. 4.7.2005, L 8 B 26/05 SO, NZS 2006 S. 503, 504; SG Düsseldorf, Beschluss v. 13.4.2005, S 35 AS 46/05, n. v.).
Rz. 8
Der Anspruch auf Grundsicherungsleistungen kann nach § 17 Abs. 1 Satz 2 weder übertragen (§ 399 BGB) noch verpfändet (§§ 1204ff. BGB) oder gepfändet (§§ 829ff. ZPO) werden. Wegen ihrer Unpfändbarkeit kann gegen Grundsicherungsleistungen auch nicht aufgerechnet werden, wie sich aus § 394 BGB ergibt. Allerdings darf mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen gegen Grundsicherungsleistungen bis zu deren Hälfte aufgerechnet werden, soweit der Leistungsberechtigte – was aber i. d. R. der Fall sein wird – hierdurch nicht hilfebedürftig i. S. d. Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (§ 51 Abs. 2 SGB I); denn bei Grundsicherungsleistungen handelt es sich um "laufende Leistungen" i. S. d. § 51 Abs. 2 SGB I. Fällige Grundsicherungsansprüche sind nach § 44 SGB I zu verzinsen und stehen nach dem Tod des Leistungsberechtigten dessen Sonderrechtsnachfolgern (§ 56 SGB I) bzw. Erben (§ 58 Satz 1 SGB I) zu (Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, K § 41 Rz. 35; Renn, in: LPK-GSiG, § 1 Rz. 34).
Rz. 8a
Rechtmäßig bewilligte Grundsicherungsleistungen sind in keinem Fall zurückzuzahlen oder nach dem Tod des Berechtigten von den Erben zu erstatten (§ 102 Abs. 5). Auch § 44 SGB X ist anwendbar (a. A. für die Sozialhilfe: BVerwG, Urteile v. 15.12.1983, 5 C 65/82, BVerwGE 68 S. 285, 287 f. = Buchholz 436.0 § 5 BSHG Nr. 5 = NVwZ 1984 S. 441, 442 = NDV 1985 S. 123, 124 f. = ZfS 1984 S. 113, 114 f., und v. 13.11.2003, 5 C 26/02, Buchholz 435.12 § 44 SGB X Nr. 10 = FEVS 55 S. 320, 322 f. = ZFSH/SGB 2004 S. 371, 372 f. = NVwZ 2004 S. 1002, 1003 = NDV-RD 2004 S. 75, 76 = DÖV 2004 S. 793, 794 = info also 2004 S. 261, 262).
Rz. 8b
Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt vor (§ 19 Abs. 2 Satz 3). Besteht dem Grunde nach Anspruch auf Grundsicherung und ist zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich, ist auf Antrag ein Vorschuss auf die Grundsicherungsleistung zu zahlen (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB I; a. A. Zeitler, in: Mergler/Zink, BSHG, § 2 GSiG Rz. 20). Die Vorschusszahlung hat Vorrang vor einer übergangsweisen Hilfe zum Lebensunterhalt (Schoch, LPK-GSiG, § 2 Rz. 19).
Rz. 9
Wer bedürftig ist, das 65. Lebensjahr oder das 18. Lebensjahr vollendet hat und dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, erhält Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung. Bedürftige zwischen dem 15. und dem 64. Lebensjahr, die erwerbsfähig sind, erhalten Arbeitslosengeld II nach § 19 SGB II. Nicht erwerbsfähige Angehörige, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben, erhalten Sozialgeld nach § 28 SGB II, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben (Brühl/Schoch, LPK-SGB XII, § 41 Rz. 3). Folglich sind Grundsicherungsleistungen gegenüber dem Sozialgeld vorrangig (§ 5 Abs. 2 Satz 3 SGB II, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB II).
Seit Inkrafttreten des SGB II und SGB XII zum 1.1.2005 ha...