2.4.1.1 Tatsächliche Aufwendungen
Rz. 8
Bewohnt der Leistungsberechtigte eine Mietwohnung, so zählen zu den Aufwendungen für Unterkunft der vereinbarte Mietzins und die Nebenkosten nach § 2 Betriebskostenverordnung, die vom Vermieter auf die Mieter umgelegt werden können. Nicht zu den Nebenkosten gehören die Aufwendungen für den Haushaltsstrom und die Warmwasserversorgung, weil dieser Bedarf bereits im Regelsatz enthalten ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 30.8.2005, L 17 AS 2023/05; SG Aurich, Urteil v. 12.10.2005, S 15 AS 159/05 mit Anm. Spindler; abweichend SG Mannheim, Urteil v. 3.5.2005, S 9 AS 507/05; vgl. jetzt auch § 20 Abs. 1 SGB II: "Haushaltsenergie").
Angemessene Mietnebenkosten, die der Vermieter berechtigterweise nachfordert, sind auch dann zu berücksichtigen, wenn sie vor dem Anspruch auf Grundsicherungsleistungen entstanden sind (Schoch, in: LPK-GSiG, § 3 Rz. 29; a. A. wohl Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, K § 42 Rz. 14).
Rz. 9
Wohnt der Leistungsberechtigte in einem Eigenheim oder in einer Eigentumswohnung, ist der Grundkonflikt zwischen dem Vermögensschutz einerseits und der Angemessenheit der Wohnkosten andererseits zu lösen (grundlegend: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 28.2.2006, L 9 B 99/05 AS ER). Als Aufwendungen für die Unterkunft können alle Lasten anerkannt werden, die nach § 7 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 82 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (die VO ist in der geltenden Fassung bei § 82 abgedruckt) bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (BVerwG, Urteil v. 7.5.1987, 5 C 36/85). Dazu gehören auch Darlehenszinsen und Erhaltungsaufwendungen, nicht aber Tilgungsbeträge, weil hierdurch Vermögen gebildet wird (Schoch, in: LPK-GSiG, § 3 Rz. 30).
Bei selbstgenutzten Eigenheimen sind Grundstücksgrößen von 500 m² in städtischen und 800 m² in ländlichen Gebieten angemessen. Unangemessen große Grundstücke sind zu teilen und zu verkaufen oder zu beleihen, wenn dies nach den tatsächlichen Gegebenheiten möglich ist (LSG Nordrhein-Westfalen, L 1 B 22/05 AS ER). Für Familienheime mit einer einzigen Wohnung, in der 4 Personen leben, sind 130 m² angemessen (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 des früheren Wohnungsbaugesetzes). Bei selbstgenutzten Eigentumswohnungen stehen 4 Personen 120 m² zu. Pro Person ist typisierend ein Zu- bzw. Abschlag von 20 m² vorzunehmen (BSG, Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 2/05 R; Wenner, Soziale Sicherheit 2006 S. 391, 393). Für eine Einzelperson ist danach ein Haus mit 90 m² oder eine Eigentumswohnung mit 80 m² regelmäßig noch angemessen (BSG, a. a. O.; Wenner, a. a. O.).
2.4.1.2 Angemessene Aufwendungen
Rz. 10
Hierfür existieren keine bundeseinheitlichen Richtlinien. Maßgeblich sind die Verhältnisse des örtlichen Wohnungs- und Grundstücksmarktes, sodass der Hilfesuchende keinesfalls auf günstigere Wohnkosten in einer anderen Gemeinde verwiesen werden darf. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit ist gerichtlich voll überprüfbar; der Kostenträger hat keinen Beurteilungsspielraum. Hinsichtlich der konkreten Wohnungsgröße erscheint es sinnvoll, sich am sozialen Wohnungsbau zu orientieren (BVerwG, Urteile v. 1.10.1992, 5 C 28/89, v. 21.1.1993, 5 C 3/91, und v. 17.11.1994, 5 C 11/93; so auch OVG Münster, Urteil v. 14.9.2001, 12 A 4923/99; VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 8.2.2001, 7 S 354/98; Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, § 29 Rz. 5; Kreiner, in: Oestreicher, SGB XII/SGB II, § 42 Rz. 14).
Dabei können die Verwaltungsvorschriften der Länder zu § 5 Abs. 2 des Wohnungsbindungsgesetzes (WoBindG) zugrunde gelegt werden (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse v. 1.8.2005, L 19 B 21/05 AS ER, und v. 24.8.2005, L 19 B 28/05 AS ER).
Als grober Anhaltspunkt sind 50 m² für Alleinstehende und 15 m² für jede weitere Person eines gemeinsamen Haushalts angemessen. Dabei sind jedoch besondere persönliche und berufliche Bedürfnisse des Berechtigten und seiner Angehörigen, regionale Besonderheiten sowie der in absehbarer Zeit zu erwartende zusätzliche Raumbedarf zu berücksichtigen. Die Höhe des Mietzinses ist angemessen, wenn er sich im unteren Bereich des örtlichen Mietniveaus bewegt (BVerwG, Urteil v. 17.11.1994, 5 C 11/93; Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 42 Rz. 3; Kreiner, in: Oestreicher, SGB XII/SGB II, § 42 Rz. 12).
Für die Verhältnisse am örtlichen Wohnungsmarkt und das Angemessenheitsniveau sind der örtliche Mietspiegel (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 1.8.2005, L 19 B 21/05 AS ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 28.9.2006, L 3 ER 143/06 SO), die Wohnungsmarktanzeigen (LSG Hamburg, Beschluss v. 25.8.2005, L 5 B 201/05) und hilfsweise auch die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (ablehnend: BVerwG, Urteil v. 7.5.1987, 5 C 36/85) zu berücksichtigen.
Der konkrete Wohnstandard ist angemessen, wenn die Wohnung nach Lage, Umfeld, Verkehrsanbindung, Bausubstanz sowie Ausstattung (Sanitär, Heizung) "einfach und bescheiden" ist (BVerwG, Urteil v. 30.5.1996, 5 C 14/95; LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 25.1.2006, L 8 AS 4296/05 ER-B).
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass familien-, al...