2.1 Vorläufige Entscheidung (Abs. 1)
Rz. 3
Nach Abs. 1 hat der Träger über Geldleistungen vorläufig zu entscheiden, wenn im Entscheidungszeitpunkt zwar die Leistungsberechtigung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII dem Grunde nach feststeht, die weiteren leistungserheblichen Umstände jedoch noch nicht abschließend geklärt werden konnten. Der Träger hat nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Ermessen, ob er bei Vorliegen der Voraussetzungen anstelle der gebotenen vorläufigen Bewilligung eine endgültige Entscheidung erlässt.
Im Unterschied zu den in den Nr. 1 und 2 formulierten unsicheren Leistungsvoraussetzungen, ist weiterhin zwingende Voraussetzung für die vorläufige Bewilligung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung das Erreichen der Altersgrenze oder die dauerhafte volle Erwerbsminderung sicher festgestellt sind. Eine vorläufige Bewilligung der Geldleistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII scheidet daher aus, wenn die Entscheidung über die Feststellung der dauerhaft vollen Erwerbsminderung noch aussteht. Vielmehr kommen in diesen Fällen Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII in Betracht, soweit nicht ohnehin bereits Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II gewährt wird.
Nach Abs. 1 Nr. 1 sind die Geldleistungen vorläufig zu bewilligen, wenn zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen längere Zeit erforderlich, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen aber hinreichend wahrscheinlich ist. Dies entspricht inhaltlich der vorläufigen Bewilligung im Arbeitsförderungsrecht (BT-Drs. a. a. O.).
Aus Abs. 1 Nr. 2 folgt, dass auch in den Fällen vorläufig zu entscheiden ist, in denen der Anspruch dem Grunde nach zwar besteht, gleichwohl zur Feststellung der konkreten Leistungshöhe längere Zeit erforderlich ist. Dies entspricht dem Grundgedanken in § 42 SGB I, in diesen Fallkonstellationen Vorschüsse auf Geldleistungen zu gewähren.
Sofern die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für die Erbringung von Geldleistungen nicht hinreichend wahrscheinlich ist oder die Leistungsberechtigung dem Grunde nach zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht sicher festgestellt ist, sind die beantragten Geldleistungen (endgültig) abzulehnen.
2.2 Begründung der Entscheidung (Abs. 2)
Rz. 4
Die Pflicht, eine vorläufige Entscheidung zu begründen, wird in Abs. 2 Satz 1 konkretisiert. Danach ist nicht nur die Berechnung der Leistungshöhe darzulegen, sondern auch der konkrete Anlass für die vorläufige Entscheidung anzugeben. Anderenfalls ist für die leistungsberechtigte Person nicht erkennbar, aus welchem Grund lediglich eine vorläufige Entscheidung ergeht, die keinerlei Vertrauensschutz aufbaut und die mit dem Risiko einer weitgehenden Erstattungspflicht verbunden ist (so BT-Drs. a. a. O.). Dem entsprechend muss der leistungsberechtigen Person bereits bei Erlass der vorläufigen Entscheidung bewusst sein, dass sie noch nach Abschluss des Bewilligungszeitraums zur Mitwirkung an der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs verpflichtet ist.
Nach Abs. 2 S. 2 ergeht eine vorläufige Entscheidung nicht, wenn die leistungsberechtigte Person die Umstände zu vertreten hat, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen. Mit der Regelung soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. a. a. O.) verhindert werden, dass eine vorläufige Leistungsbewilligung durch Verschleierung leistungserheblicher Tatsachen missbräuchlich hergeführt werden kann.
2.3 Rücknahme von Verwaltungsakten (Abs. 3)
Rz. 5
Mit Abs. 3wird § 45 SGB X modifiziert. Maßgeblich für die Änderung eines Verwaltungsaktes und damit auch einer vorläufigen Bewilligung sind die Vorschriften des SGB X. Bei leistungserheblichen Tatsachen, die bereits im Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Entscheidung vorlagen, aber der Geldleistung zugunsten der leistungsberechtigten Person rechtswidrig nicht zugrunde gelegt wurden, ist der Anwendungsbereich des § 45 SGB X eröffnet. Mit Abs. 3 wird § 45 SGB X nunmehr in der Rechtsfolge dahingehend angepasst, als dass die Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft ohne Ausübung von Ermessen und ohne Prüfung von Vertrauensschutz vorzunehmen ist. Diese Regelung ist sachgerecht, da die vorläufige Entscheidung kein Vertrauen in eine endgültige Leistungsbewilligung entstehen lässt und somit eine Prüfung von vertrauensschutzbildenden Umständen nicht erforderlich ist (so BT-Drs. a. a. O.). Abs. 3 ist im Falle einer abschließenden Entscheidung nach Abs. 4 unbeachtlich.
Mit der auf § 45 SGB X beschränkten Modifikation bleibt eine rückwirkende Aufhebung zugunsten der leistungsberechtigten Person mit Wirkung für die Vergangenheit – etwa nach den §§ 44 oder 48 SGB X – weiterhin möglich; sie ist auch erforderlich, um eine Bedarfsdeckung sicherzustellen.
2.4 Verfahren zur abschließenden Entscheidung (Abs. 4 und 5)
Rz.
Mit den Abs. 4 und 5 wird das Verfahren zur abschließenden Entscheidung geregelt. Da sich die Vorläufigkeit auf die gesamte Geldleistung erstreckt, fließen sämtliche leistungserheblichen Tatsachen unabhängig vom Anlass der vorläufigen Entscheidung in die abschließende Entscheidung ein.
Nach Abs. 4 kann der ausführende Träger bereits vor Ablauf des Bewilligungszeitraums eine abschließende Entscheidung treffen, sofe...