2.1 Die 3 Fälle der Leistungsberechtigung
Rz. 7
Das Gesetz sieht 3 Konstellationen vor, in denen eine Leistungsberechtigung bestehen kann. Entscheidend für einen Anspruch auf Leistungen nach dem 7. Kapitel ist neben dem Vorliegen von Pflegebedürftigkeit i. S. d. § 61a grundsätzlich, dass die den Leistungsantrag stellende Person finanziell bedürftig und nicht gesetzlich pflegeversichert ist (1. Fall). Werden Leistungen nach dem SGB XI nur aus dem Grund nicht gewährt, dass Pflegebedürftigkeit voraussichtlich nicht – wie gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB XI erforderlich – für 6 Monate andauert, können ebenfalls Leistungen nach dem 7. Kapitel in Betracht kommen (2. Fall). Dies gilt auch dann, wenn die nach dem SGB XI gewährten Leistungen nicht bedarfsdeckend sind (3. Fall).
Rz. 8
Das Erfordernis der finanziellen Bedürftigkeit erklärt sich wie schon nach bisherigem Recht vor dem Hintergrund des in § 2 geregelten Nachranggrundsatzes. Es gelten die Vorschriften des 11. Kapitels zum Einkommen und Vermögen, wobei für die Bezieher von Leistungen nach dem 7. Kapitel Privilegierungen bei der Anrechnung vorgesehen sind. Nach § 87 Abs. 1 Satz 3 gilt für Pflegebedürftige der Pflegegrade 4 und 5 eine erhöhte Einkommensgrenze. In § 82 Abs. 6 ist der (bis zum 31.12.2017 in Abs. 3a enthaltene) Erwerbstätigenfreibetrag für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege erhalten, geregelt. Zudem wurde – ebenfalls zum 1.1.2017 durch das BTHG – die Vorschrift des § 66a eingeführt, der in bestimmten Fällen einen besonderen Vermögensfreibetrag vorsieht.
Rz. 9
Wie schon nach altem Recht bietet die soziale Pflegeversicherung keinen vollumfänglichen Schutz, sondern ist vergleichbar mit einer Teil-Kasko-Versicherung. Die Höhe der Leistungen der sozialen Pflegeversicherung ist gesetzlich begrenzt. Zudem werden in deren Rahmen die Kosten für Unterkunft und Verpflegung nicht übernommen. Liegt finanzielle Bedürftigkeit vor, können diese Kosten grundsätzlich im Rahmen der Hilfe zur Pflege vom Sozialhilfeträger getragen werden.
2.2 Minderjährige und unverheiratete Personen
Rz. 10
Bei der Frage, ob eine minderjährige und unverheiratete Person finanziell bedürftig ist, kommt es nach Satz 2 auch auf das Einkommen und Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils an. Anders als in § 27 Abs. 2 Satz 3 hinsichtlich der Leistungen nach dem Dritten Kapitel wird in § 61 Satz 2 nicht auf eine Zugehörigkeit zum Haushalt der Eltern bzw. eines Elternteils abgestellt. So war schon nach der zum BSHG ergangenen Rechtsprechung des BVerwG der Umstand, dass der minderjährige und unverheiratete Hilfesuchende mit seinen Eltern bzw. einem Elternteil nicht in Haushaltsgemeinschaft lebt, für die Beurteilung unerheblich, ob den Eltern oder dem Elternteil die Aufbringung der für die Hilfe zur Pflege erforderlichen Mittel zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urteil v. 8.7.1982, 5 C 39/81). Hiergegen wird argumentiert, dass sich nach § 85 Abs. 2 Satz 2 die Einkommensgrenze im Falle des Getrenntlebens der Eltern nach dem Elternteil richtet, bei dem die nachfragende Person lebt und in Satz 3 für den Fall, dass letztere bei keinem Elternteil lebt, eine Anwendung von § 85 Abs. 1 vorgesehen ist (Coseriu, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 19 Rz. 29).
2.3 Zuständigkeit und Verfahren
Rz. 11
Sachlich zuständig für die Hilfe zur Pflege ist nach § 97 Abs. 3 Nr. 2 der überörtliche Träger der Sozialhilfe, sofern Landesrecht nichts Abweichendes bestimmt. Nach § 98 Abs. 1 Satz 1 kommt es bei der örtlichen Zuständigkeit auf den tatsächlichen Aufenthalt an. Bei der Entscheidung – sowohl bei der Bewilligung als auch bei der Ablehnung – handelt es sich regelmäßig um einen Dauerverwaltungsakt. Das gilt insbesondere, wenn die Bewilligung "bis auf weiteres" erfolgt (LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 13.10.2005, L 7 SO 3804/05 ER-B; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 24.1.2006, L 8 SO 83/05 ER). Widerspruch und Klage gegen die Aufhebung eines solchen Bescheides haben aufschiebende Wirkung.