Rz. 2
Mit dieser zentralen Norm wird der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff (s. zur Vorgeschichte Komm. zu § 61) auch in das SGB XII eingeführt. Dieser ist gegenüber dem bis zum 31.12.2016 geltenden Recht insofern weiter gefasst, als dass sowohl Menschen mit körperlichen, als auch solche mit psychischen oder kognitiven Einschränkungen pflegebedürftig i. S. d. Vorschrift sein können, soweit sie hierdurch in ihrer Selbstständigkeit und ihren Fähigkeiten beeinträchtigt sind. Die bisherige Fokussierung auf körperliche Einschränkungen wird damit aufgegeben. Von der Änderung profitieren nach Wunsch des Gesetzgebers insbesondere Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, die bislang keine Hilfe zur Pflege beziehen konnten. Denn die Hilfe zur Pflege erbringt nunmehr auch Betreuungsleistungen, die in der Vergangenheit nur für versicherte Pflegebedürftige nach dem § 45b und 87b SGB XI a. F. erbracht wurden.
Rz. 3
Allerdings enthält das 7. Kapitel seit seiner Änderung durch das PSG III ab dem 1.1.2017 keine Öffnungsklausel mehr. Konnte nach alter Rechtslage gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 auch bei "geringerem Bedarf als nach Satz 1" ein Anspruch auch Leistungen nach der sog. Pflegestufe 0 bestehen, kommen Leistungen nunmehr erst ab einem Punktwert von wenigstens 12,5 Punkten – d. h. ab Pflegegrad 1 – in Betracht. Zwar wird somit eine – grundsätzlich wünschenswerte – weitere Angleichung der Leistungen nach dem SGB XII an die des SGB XI erreicht, allerdings führt dies zu einer nicht unerheblichen Deckelung der Leistungen des Sozialhilfeträgers nach unten. Der Gesetzgeber sieht hierin ausweislich der Gesetzesbegründung aber keine Verschlechterung. Ein pflegerischer Bedarf, der Leistungen der Hilfe zur Pflege auch unterhalb des Gesamtpunktwertes von 12,5 erfordert, könne pflegewissenschaftlich nicht begründet werden. Zur Begründung bezieht sich der Gesetzgeber auf ein Gutachten des Expertenbeirats zur Prüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, wonach bereits Personen, bei denen ein Gesamtpunktwert von 15 ermittelt wurde, lediglich geringfügige Selbstständigkeitseinschränkungen aufweisen, die aus pflegewissenschaftlicher Sicht keine Leistungen rechtfertigten. Zudem blieben andere Leistungen nach dem SGB XII möglich, etwa solche zur Weiterführung des Haushalts nach § 70, welche Weiterungen erfahren haben. Zum Teil werden durch die neuerliche Deckelung der Leistungen der Hilfe zur Pflege Versorgungslücken befürchtet (vgl. Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 61 Rz. 32 m. w. N.).