2.1 Regelfall der Kurzzeitpflege
Rz. 5
Abs. 1 normiert den Regelfall der Kurzzeitpflege. Ein Anspruch auf Kurzzeitpflege in einer stationären Pflegeeinrichtung setzt voraus, dass häusliche Pflege nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann und die teilstationäre Pflege nach§ 64g nicht ausreicht. Folglich muss eine Krisensituation in der häuslichen Pflege vorliegen, wobei dieser Begriff wie im SGB XI weit auszulegen ist (vgl. Meßling, a. a. O., § 64h Rz. 13). Anders als § 42 Abs. 1 Satz 2 nennt § 64h nicht die Fälle, in denen häusliche Pflege nicht, noch nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann bzw. die teilstationäre Pflege nicht ausreicht. Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/9518 S. 97) nennt beispielhaft als Fälle, in denen die Kurzzeitpflege in Betracht kommen kann, eine Übergangszeit nach einer stationären Behandlung in einem Krankenhaus oder nach stationärer Behandlung oder wenn die Wohnung des Pflegebedürftigen für die häusliche Pflege umgebaut werden muss oder die Pflegeperson die häusliche Pflege nicht unmittelbar übernehmen kann. Zudem ist Kurzzeitpflege möglich bei Verhinderung der Pflegeperson z. B. aufgrund von Krankheit oder Urlaub und wenn eine Verhinderungspflege nach § 64c nicht möglich ist.
Rz. 6
Dem Wortsinn entsprechend, kommt die Kurzzeitpflege nicht auf Dauer, sondern nur für begrenzte Zeiträume in Betracht. Sie bedarf daher einer auf kurze Zeiträume gerichteten Bewilligung (vgl. BSG, Urteil v. 18.2.2016, B 3 P 2/14 R; vgl. zudem Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf/Wahrendorf, 6. Aufl. 2018, SGB XII, § 64h Rz. 7). Anders als § 42 Abs. 2 Satz 1 SGB XI ist die Kurzzeitpflege im SGB XII gleichwohl nicht auf einen Zeitraum von 8 Wochen pro Kalenderjahr begrenzt. Vielmehr kommt es im Rahmen der den tatsächlichen Bedarf in den Blick nehmenden Hilfe zur Pflege auf die Umstände des Einzelfalles an. Ein Anspruch auf Kurzzeitpflege ist aber nur gegeben, wenn es sich wenigstens in der Vorausschau nur um eine vorübergehende Unmöglichkeit häuslicher Pflege handelt, und nicht, wenn von Beginn an feststeht, dass auf Dauer vollstationäre Pflege nötig ist (so zu § 42 SGB XI BayLSG, Urteil v. 13.1.2016, L 6 P 66/14).
2.2 Kurzzeitpflege in nicht gemäß §§ 71, 72 SGB XI zugelassenen Einrichtungen
Rz. 7
Abs. 2 greift den Gedanken des § 42 Abs. 3 SGB XI auf. Ihm ist zu entnehmen, dass die Kurzzeitpflege regelmäßig in einer nach §§ 71, 72 SGB XI zugelassenen Einrichtung stattfindet. In begründeten Einzelfällen, nämlich dann, wenn die Pflege in einer dieser zugelassenen Einrichtungen nicht möglich oder nicht zumutbar erscheint, kann die Kurzzeitpflege auch
- durch geeignete Erbringer von Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches oder
- in geeigneten Einrichtungen, die nicht als Einrichtung zur Kurzzeitpflege zugelassen sind,
erbracht werden. Nicht möglich ist die Kurzzeitpflege in zugelassenen Einrichtungen beispielsweise dann, wenn dort kein Platz für die pflegebedürftige Person zur Verfügung steht. Unzumutbarkeit liegt etwa dann vor, wenn die zugelassene Einrichtung auf einen Personenkreis spezialisiert ist (z. B. nur auf ältere Menschen oder auf Menschen mit bestimmten Krankheiten), zu dem die pflegebedürftige Person nicht gehört. Bei der Zumutbarkeit handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff.
Rz. 8
Geeignet i. S. d. Abs. 2 ist eine Einrichtung, die mit einem Sozialleistungsträger eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen hat und in der Lage ist, die Pflege für die Dauer der "Kurzzeitpflege" ggf. auch unter Einbeziehung externer Unterstützung, etwa durch einen ambulanten Pflegedienst, sicherzu stellen (vgl. BSG, Urteil v. 18.2.2016, B 3 P 2/14 R unter Hinweis auf BT-Drs. 16/8525 S. 97). Beispielsweise dürften Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen als geeignete Einrichtungen infrage kommen.
2.3 Kurzzeitpflege in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
Rz. 9
Abs. 3 überträgt inhaltsgleich § 42 Abs. 4 SGB XI auf die Kurzzeitpflege im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Danach kann die Kurzzeitpflege auch in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen i. S. d. § 107 Abs. 2 SGB V erbracht werden, wenn während einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation für die Pflegeperson eine gleichzeitige Unterbringung und Pflege des Pflegebedürftigen erforderlich ist. Hintergrund der in § 42 Abs. 4 SGB XI durch das Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG, BGBl. I 2012 S. 2246) mit Wirkung zum 30.10.2012 eingeführten Vorschrift ist die – sicherlich zutreffende – Annahme des Gesetzgebers, dass pflegende Angehörige an einer stationären Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme häufig nur dann teilnehmen können, wenn gleichzeitig die pflegerische Versorgung und Betreuung der pflegebedürftigen Person vor Ort sichergestellt ist (BT-Drs. 17/9369 S. 41). Ob die Möglichkeit der Kurzzeitpflege in einer Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung nach Abs. 3 im Einzelfall den Zweck der Rehabilitationsmaßnahme der Pflegeperson konterkariert, sollte zuvor kritisch geprüft werden (vgl. Philipp, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, 5. Aufl. 2017, SGB XI, § 42 Rz. 15). Nach ...