2.1 Maßnahmen und Gesamtplan
Rz. 3
Nach dem Wortlaut kommen "alle" Maßnahmen, d. h. Dienst-, Geld- und Sachleistungen in ambulanter, teilstationärer oder stationärer Form in Betracht. Werden die Hilfen durch einen Leistungserbringer erbracht, erfolgt die Hilfegewährung im Rahmen des sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.12.2019, L 31 AS 302/17, Rz. 46). Der Sozialhilfeträger schuldet einen Schuldbeitritt zu der vertraglichen Zahlungsverpflichtung des Hilfesuchenden gegenüber dem Leistungserbringer, wobei der Schuldbeitritt eine Sachleistung darstellt (vgl. grundlegend BSG, Urteil v. 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rz. 10 ff.). Die Aufzählung der Begriffe "Abwenden, Beseitigen, Mildern und Verhüten" stellt eine Konkretisierung des § 15 dar und bekräftigt damit die Verpflichtung des Trägers der Sozialhilfe auch zu vorbeugender und nachgehender individueller Hilfe (vgl. zur Verhütung von Verschlimmerung OVG Lüneburg, FEVS 38, 445). Das Merkmal der Notwendigkeit verdeutlicht, dass mit der Hilfe kein Maximum i. S. d. Erstrebenswerten, sondern ein bedarfsgerechtes Minimum i. S. d. zur Überwindung und Milderung der besonderen Schwierigkeiten Erforderlichen erreicht werden soll. Die Einzelheiten ergeben sich aus der auf § 69 gestützten DVO (vgl. dort). Besonders hervorgehoben ist die persönliche Beratung der Leistungsberechtigten und ihrer Angehörigen. Der Begriff des Angehörigen soll dabei nach dem Sinn der Norm weit ausgelegt werden. Da es sich bei § 67 ausschließlich um einen Anspruch des Hilfesuchenden und nicht um ein originäres Recht Dritter handelt, besteht die Beratungspflicht und Beratungsmöglichkeit von Angehörigen ausschließlich in seinem Interesse und unterliegt folglich dem Vorbehalt, dass der Leistungsberechtigte hierzu sein Einverständnis erteilt. Dies ist auch praktisch unverzichtbar, da eine sinnvolle Einzelfallberatung in Bezug auf die besonderen Lebensverhältnisse i. S. d. § 67 nicht ohne Offenbarung personenbezogener Daten des Leistungsberechtigten durchführbar sein dürfte. Eine schuldhafte Fehlberatung löst als Verletzung drittbezogener Dienstpflichten Amtshaftungsansprüche des Betroffenen aus. Persönliche Betreuung nach § 68 kann auch vorliegen, wenn ein Dritter diese persönliche Betreuung direkt sicherstellt und der Träger der Sozialhilfe hierfür lediglich Geld- und Sachleistungen erbringt (OVG Schleswig, FEVS 54, 111).
Rz. 4
Die Auswahl zwischen verschiedenen Hilfearten erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen durch den Träger der Sozialhilfe. Ggf. kommt auch die Gewährung von Gutscheinen in Betracht (§ 10 Abs. 3 Satz 2). Es ist indes von vornherein nicht zulässig, Sachleistung als Mittel zu dem Zweck einzusetzen, eine ganze Gruppe von Hilfesuchenden von der Geltendmachung eines Hilfeanspruchs gegenüber einem bestimmten Träger der Sozialhilfe abzuschrecken (BVerwG, Urteil v. 16.1.1986, 5 C 72/84).
Rz. 5
Ein "Gesamtplan" bedeutet die Ermittlung des Hilfebedarfs und die Feststellung der daraus abzuleitenden Maßnahmen nach ihren Zielen und der Art, dem Ort und dem Beginn der Leistungen, ggf. unter Einschluss weiterer beteiligter Träger und Feststellungen zum Ausmaß bereits erreichter Ergebnisse zuvor durchgeführter Leistungen und Maßnahmen (vgl. am Beispiel des § 46 BSHG: Nothacker, ZfSH/SGB 2000, 209). Der Hilfesuchende ist bei der Erstellung des Gesamtplanes nach seinen Kräften und Fähigkeiten zu beteiligen (§ 2 Abs. 3 DVO; zur Zusammenarbeit mehrerer Stellen vgl. Rz. 7 und Brühl, NDV 2003, 58). Im Übrigen wird auf die Kommentierung zu § 58 verwiesen.
2.2 Einkommensgrenze
Rz. 6
Die Leistungen nach § 68 sind unabhängig von Einkommen und Vermögen, soweit es um persönliche Hilfe geht. Dabei ist sowohl Einkommen und Vermögen des Betroffenen als auch von Unterhaltspflichtigen und sonstigen Personen i. S. d. § 36 außer Betracht zu lassen. Dies ist sowohl aus der Eigenart des betroffenen Personenkreises als auch der besonderen Hilfeziele zu erklären. Umstritten war, ob unter den Dienstleistungen i. S. d. § 68 lediglich persönliche Hilfen zu verstehen waren, die der Träger der Sozialhilfe selbst leistete. Durch die Legaldefinition des § 10 Abs. 2, der die Beratung und Unterstützung nunmehr ausdrücklich lediglich beispielhaft ("insbesondere") aufführt, ist einer solchen verengenden Auslegung die Grundlage entzogen worden.
Andere Formen der Hilfe, d. h. Geld- und Sachleistungen, sind von der Freistellung ausdrücklich nicht erfasst. Hier gilt allerdings der Vorbehalt, dass ein Rückgriff auf Vermögen und Einkommen der in § 19 genannten Personen ausscheidet, wenn dies den Erfolg der Hilfe ganz oder teilweise gefährden würde. Die Formulierung "würde" lässt eine Wahrscheinlichkeit hierfür ausreichen. Liegt eine Wahrscheinlichkeit der Hilfegefährdung vor (was Tatfrage ist), hat der Träger der Sozialhilfe kein Ermessen ("ist abzusehen"; hierzu VG Ansbach, Gefährdetenhilfe 1989, 61).
2.3 Zusammenarbeit der Träger
Rz. 7
Abs. 4 konkretisiert §§ 4, 5 und geht § 17 Abs. 3 SGB I vor. "Sonst beteiligte Stellen" im Sinne der Vorschrift sind neben Sozialversicher...