1.1 Sinn und Zweck des Kostenersatzes
Rz. 11
In Abweichung von der generellen Kostenersatzfreiheit (Rz. 3) der Sozialhilfe wird dieser Grundsatz für einige Tatbestände durchbrochen, weil in diesen die Kostenfreiheit als unbillig (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 102 Rz. 2) empfunden wird. Im neuen Recht fehlt zwar eine Vorschrift wie die des § 92 Abs. 1 BSHG, wonach eine Kostenersatzpflicht nur in den dort genannten Fällen entsteht, sie hatte aber auch da schon lediglich deklaratorische Bedeutung. Denn als Eingriff in die Rechte des Betroffenen bedarf die Heranziehung zum Kostenersatz in jedem Falle einer gesetzlichen Grundlage. Insofern ist die Sozialhilfe den übrigen, vorrangigen Sozialleistungen weitgehend angenähert, auch dort finden sich Rückzahlungsverpflichtungen nur im Ausnahmefall (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 102 Rz. 2).
1.2 Abgrenzung zu sonstigen (Rück-)Zahlungsverpflichtungen
Rz. 12
Neben den Kostenersatzverpflichtungen in §§ 102ff. und unabhängig von ihnen kennt das Sozialhilferecht aus der Natur der Sache bestimmte Rückzahlungsverpflichtungen und Verpflichtungen zum Einsatz von Einkommen und Vermögen. Sie haben keinen inneren Zusammenhang zum Kostenersatz, vielmehr handelt es sich bei ihnen um Zahlungsverpflichtungen, die die gesetzlich vorgesehene Durchbrechung des Nachranggrundsatzes im Nachhinein zutreffenderweise ausgleichen (vgl. auch Conradis, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl., Rz. 6 vor §§ 102ff.).
Rz. 13
Insbesondere handelt es sich dabei um folgende Kostenbeteiligungen oder Zahlungsverpflichtungen:
Rz. 14
Die genannten Zahlungspflichten unterliegen nicht den Beschränkungen des Kostenersatzes nach §§ 102 ff. (Wolf, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 102 Rz. 2; H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 102 Rz. 6 ff.).
Rz. 15
Wohl aber zu den Kostenersatzpflichten der §§ 102 ff. gehört die Kostenersatzvorschrift des § 92 Abs. 2 Satz 6. Danach ist zum Ersatz der Kosten verpflichtet, wer Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 26 SGB IX) oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 SGB IX) deshalb in Anspruch nimmt, weil er sich vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht oder nicht ausreichend gegen die genannten Risiken versichert hat. Die genannte Vorschrift konkretisiert lediglich die Ersatzpflichten der §§ 103 und 104, die auch ohne die Bestimmungen des § 92 Abs. 2 Satz 6 zum Zuge kämen (vgl. Komm. zu § 92 und § 103; Zeitler, NDV 2001 S. 318; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 103 Rz. 7; unklar: Bieritz-Harder, in: LPK-SGB XII, 8. Auf., § 93 Rz. 16; a.A. Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl., § 92 Rz. 29, der in § 92 eine Rechtsgrundverweisung sieht; ähnlich auch: Lippert, in: Mergler/Zink, SGB XII, § 92 Rz. 45 ff.).
Rz. 16
Im Übrigen regeln §§ 102 ff. abschließend und ohne Erweiterungsmöglichkeit den Kostenersatz bei rechtmäßiger Sozialhilfeleistung (H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 102 Rz. 9; BVerwG, Urteil v. 12.12.1974, V C 25/74, FEVS 23 S. 224; VGH BW, Urteil v. 19.7.1988, ZfF 1989 S. 205; a.A. Wolf, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 102 Rz. 5). Das folgt aus dem kodifikatorischen Wesen des Sozialhilferechts, das durch die systematisch gegliederte und abgestufte Regelung von Heranziehungs-, Erstattungs- und Ersatzansprüchen kategorisch zu erkennen gibt, dass diese Regelungen innerhalb ihrer Reichweite abschließend sind. Für die hier in Rede stehende rechtmäßige Sozialhilfeleistung wird dieses Ergebnis bestätigt durch § 103 Abs. 4, wonach die Vorschriften zum Kostenersatz bei mutwilligem Verhalten die Regelungen der §§ 44 bis 50 SGB X unberührt lassen (ebenso: Conradis, a. a. O., Rz. 6, 11 vor § 102). Zu unrechtmäßig erbrachten Sozialhilfeleistungen vgl. Komm. zu § 104.
1.3 Öffentlich-rechtlicher Anspruch kraft Gesetzes, Geltendmachung
Rz. 17
Nach dem Wortlaut der Kostenersatzvorschriften in §§ 102ff. ist die jeweils genannte Person unter den genannten Voraussetzungen zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Daraus folgt, dass der Kostenersatzanspruch nicht erst mit Erlass eines entsprechenden Verwaltungsaktes, sondern unmittelbar kraft Gesetzes entsteht (BVerwG, Urteil v. 10.4.2003, 5 C 4/02, DÖV 2004 S. 208; Steimer, in: Mergler Zink, SGB XII, § 102 Rz. 35; Wolf, in: Fichtner/Wenzel, SGB XII, 4. Aufl., § 102 Rz. 18; H. Schellhorn, in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, § 102 Rz. 32, jeweils m. w. N.; Bieback, in: Grube/Wahrendorf, a. a. O., § 102 Rz. 44). Andernfalls müsste es heißen, der Sozialhilfeträger könne unter den genannten Voraussetzungen einen Kostenersatzanspruch geltend machen, was aber gerade nicht der Fall ist.
Rz. 18
Der Anspruch ist, da er unmittelbar aus öffentlichem Recht stammt, ein ohne weitergeh...