0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift in ihrer ursprünglichen Fassung nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 24.8.1995 sah lediglich die beiden ersten Absätze vor. Außerdem war statt der Bezeichnung "und speichern" in Abs. 1 Satz 1 in der Ursprungsfassung die Formulierung "verarbeiten oder nutzen" verwendet worden, welche allerdings im Titel der Vorschrift weiterlebt (BT-Drs. 13/2204 S. 57). Aufgrund der Beschlussempfehlung des 11. Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drs. 13/4754 S. 121 f.) ist neben dieser Umformulierung in Abs. 1 in Abs. 3 ein gestuftes Erhebungsverfahren vorgesehen worden, welches besonders versichertendatenfreundlich sein soll. Der ebenfalls aufgrund der Empfehlungen des Ausschusses neu aufgenommene Abs. 4, welcher nur bis zum 31.1.2003 galt, sah vor, dass die Verbände der Unfallversicherungsträger ihren Mitgliedern nach Anhörung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz Empfehlungen zur Umsetzung des § 84 Abs. 2 SGB X geben. Eine Vorläuferregelung in der RVO gab es nicht.
Rz. 2
Durch das Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsrechtlicher Vorschriften v. 21.8.2002 (BGBl. I S. 3338) ist Abs. 4 mit Wirkung zum 1.2.2003 aufgehoben worden. Die allgemeinen Löschungspflichten gelten ohnehin auch für die Unfallversicherungsträger. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, eine gesetzliche Festlegung von Löschungsfristen zu treffen, weil aus Versicherungsfällen der Unfallversicherung häufig erst in Zukunft Leistungsansprüche entstehen.
Rz. 3
Die letzte Änderung erfolgte mit Wirkung zum 1.1.2009 durch die Einfügung der Formulierung "einschließlich Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen und Abrechnung der Leistungen" in Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen und zur Änderung anderer Gesetze v. 21.12.2008 (BGBl. I S. 2945). Durch Art. 128 Nr. 6b des Zweiten Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU) v. 20.11.2019 (BGBl. I S. 1626) wurden die Überschrift, sowie in Abs. 2 die Sätze 1 und 2 mit Wirkung zum 26.11.2019 an die Diktion nach Art. 4 der Verordnung angepasst. In Satz 1 werden die Wörter "verarbeitet oder genutzt" durch die Wörter "verändert, genutzt, übermittelt oder in der Verarbeitung eingeschränkt" ersetzt. In Satz 2 wird das Wort "Verwendung" durch das Wort "Verarbeitung" ersetzt.
1 Allgemeines
Rz. 4
§ 199 stellt für die Unfallversicherung eine bereichsspezifische Regelung des SGB VII dar, zu welchen Zwecken die Träger der Unfallversicherung Daten erheben, verarbeiten und nutzen dürfen. Die Liste ist abschließend, wobei die allgemeinen Regeln über das Sozialgeheimnis und den Sozialdatenschutz in § 35 SGB I und den §§ 67 ff. SGB X ergänzend neben diesen Spezialregeln heranzuziehen sind (BT-Drs. 13/2204 S. 118). Rechtstechnisch angeknüpft wird hierbei an die allgemeinen Datenschutzregelungen insoweit, als auf diesen aufgebaut und für besondere Bereiche eine vorrangige Spezialregelung getroffen wird. Dabei werden die bereits vorhandenen Legaldefinitionen aus Datenschutzvorschriften wie in § 67 SGB X (Sozialdaten, Erheben, Verarbeiten, Nutzen) übernommen. Die Datenschutzbestimmungen des BDSG schränken den Regelungsgehalt der Vorschriften über die Berechtigung und Verpflichtung der Beklagten, für landwirtschaftliche Flächen Sozialdaten zu erheben und speichern (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3) nicht ein. Die Rechtsvorschriften des SGB VII gehen gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG den Vorschriften des BDSG vor, soweit sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 1.12.2011, L 3 U 7/10).
2 Rechtspraxis
2.1 Definition von Sozialdaten und Datenverarbeitung
Rz. 5
Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind Sozialdaten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden (Sozialgeheimnis, entsprechend dem im Datenschutzrecht geltenden Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt). Demnach besteht für die Verarbeitung von Sozialdaten ein Gesetzesvorbehalt, wonach jegliche der beschriebenen Aktivitäten einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Der Gesetzesvorbehalt kommt an mehreren Stellen zum Ausdruck, so auch in § 35 Abs. 2 SGB I, wonach eine Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Sozialdaten nur unter den Voraussetzungen des Zweiten Kapitels des SGB X zulässig ist. Die bereichsspezifischen Sonderregelungen des Sozialdatenschutzes sind demnach auch – wie im SGB VII – überwiegend als zusätzliche Einschränkungen der Datenverarbeitung konstruiert.
2.2 Erheben und Speichern
Rz. 6
Die Definition des Erhebens, Verarbeitens und Nutzens von Daten erfo...