Rz. 21
Versicherungsfälle im Rahmen der Unternehmerversicherung sind diejenigen, die sich bei einer mit dem Unternehmen in wesentlichem Zusammenhang stehenden Tätigkeit ereignen. Im Gegensatz zum abhängig Beschäftigten kann der Unternehmer seine Tätigkeit selbst bestimmen, es steht ihm frei, in welcher Art und Weise er sein Unternehmen betreibt. Weil die Unfallversicherung die unternehmerische Tätigkeit nicht behindern kann und will, ist der Kreis der versicherten Tätigkeiten weit zu ziehen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 28.8.2001, L 2 U 319/00). Trotzdem müssen auch bei Unternehmern nach der Rechtsprechung des BSG die unversicherten privaten von den versicherten unternehmensbezogenen Handlungen unterschieden werden (BSG, Urteil v. 16.5.1984, 9b RU 8/82). Die fachlichen Tätigkeiten gehören eindeutig zum versicherten Risiko, ebenso Verwaltungs- und kaufmännische Tätigkeiten und bereits alle konkret auf die Geschäftsaufnahme gerichteten vorbereitenden Verrichtungen, wie § 136 Abs. 1 Satz 2 zeigt.
Ein Malermeister ist beim Tapezieren, beim Aufmessen zur Abrechnung, bei der Lohnbuchhaltung für seine Mitarbeiter, den Auftragsbesprechungen mit seinen Kunden und bei der Gewerbeanmeldung versichert.
Rz. 22
Ob die Grundsätze des Versicherungsschutzes bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen auch auf die selbständige Tätigkeit anwendbar sind, ist umstritten (für Handelsvertreter im Rahmen der freiwilligen Versicherung bejahend: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 20.7.2006, L 17 U 315/04; verneinend: SG Freiburg, Urteil v. 10.4.2003, S 9 U 3370/02).
Rz. 23
Probleme bereitet jedoch die rechtliche Zuordnung lediglich allgemein auf die Förderung der unternehmerischen Interessen gerichteten Tätigkeiten (z. B. Pflege der Geschäftsbeziehungen, Werbung oder Gefälligkeitsleistungen). Das BSG stellt auf den engen betrieblichen Zusammenhang ab, so muss bei Gefälligkeitshandlungen unmittelbar zuvor oder danach ein nicht nur unerheblicher Geschäftsabschluss getätigt worden sein. Soweit sich Tätigkeiten und die zugehörigen Wege nicht eindeutig entweder in ausschließlich unternehmensbezogene Verrichtungen oder private Tätigkeiten zerlegen lassen, liegen sog. gemischte Tätigkeiten vor, die unter den Versicherungsschutz der Unfallversicherung fallen, sofern sie dem betrieblichen Interesse wesentlich dienen und nicht bloßer Nebenzweck sind. Die Abgrenzung wird durch den Vergleich ermittelt, ob die Tätigkeit hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (vgl. Abgrenzung bei gemischten Tätigkeiten: BSG, Urteil v. 5.5.1994, 2 RU 26/93).
Beispiele:
Versicherte Tätigkeiten: Dachdecker bessert eine schadhafte Stelle an der Regenrinne eines Kunden aus, nachdem er dessen Dach neu eingedeckt hat; Arbeitsessen zur Kundenakquisition (BSG, Urteil v. 30.7.1981, 8/8a RU 58/80); Teilnahme an einer Motorradgeschicklichkeitsfahrt (Motocross) mit einem als Verkaufsmodell dienenden Motorrad (BSG, Urteil v. 26.4.1963, 2 RU 264/58); Fahrt zu einer vom Unternehmer gesponsorten Sportveranstaltung.
Unversicherte Tätigkeiten: Geburtstag eines Mitarbeiters oder Geschäftspartners, Teilnahme am Richtfest für nicht am Rohbau Beteiligte (BSG, Urteil v. 30.7.1981, 8/8a Ru 58/80) wie Maler, Plattenleger, Bodenleger etc.; versichert dagegen: wenn der Unternehmer bei der Herstellung des Bauwerks bis zum Zeitpunkt des Richtfestes wesentlich mitgewirkt hat, wie Bauunternehmer, Maurer, Zimmermann etc.
Rz. 24
Betreibt ein Unternehmer mehrere voneinander getrennte Unternehmen, gelten ebenfalls die genannten Grundsätze.
In der Unternehmerversicherung versichert: Weinbauunternehmer arbeitet in der Winzergenossenschaft, der er als Mitglied angehört (vgl. Tätigkeiten für mehrere Unternehmen: BSG, Urteil v. 14.12.1967, 2 RU 1/65); selbständiger Gastwirt übt die Jagd gleichzeitig als Jagdgast aus (BSG, Urteil v. 27.8.1981, 2 RU 23/80); Unternehmer tätigt eine Geschäftsreise zu Kunden und gleichzeitig zur Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung in einem Beteiligungsunternehmen (BSG, Urteil v. 16.5.1984, 9b RU 8/82).