1.1 Übergangsregelungen
Rz. 2
Die Neuregelungen gelten für die ab 1.1.1997 eingetretenen Versicherungsfälle sowie dann, wenn die Beihilfe ab 1.1.1997 erstmals festzusetzen ist (§ 214 Abs. 3). § 217 Abs. 2 Satz 1 ist als Übergangsregelung zu beachten, wenn der Tod des Versicherten vor dem 1.1.1986 eingetreten ist.
1.2 Inhalt der Regelung
Rz. 3
Abs. 1 regelt die Leistung von Witwen- und Witwerbeihilfe entsprechend. Die Beihilfe wird als einmalige Leistung gewährt (Abs. 1) bzw. kann als laufende Leistung gewährt werden (Abs. 4), obwohl der Versicherte nicht infolge des Versicherungsfalles verstorben ist.
Abs. 2 enthält eine Regelung über die Berechnungsgrundlage und die Zuständigkeit für Fälle, in denen mehrere Renten oder Abfindungen zusammentreffen; sie dient also der Berechnung der Beihilfe beim Zusammentreffen mehrerer Renten oder Abfindungen.
Abs. 3 regelt die Leistung von Waisenbeihilfe. Anspruchsberechtigte können daher neben Witwen, Witwern und Lebenspartnern (Abs. 1) auch Vollwaisen sein.
Abs. 4 schließlich enthält eine Sonderregelung für laufende Beihilfen an Witwen, Witwer oder Waisen in Härtefällen.
1.3 Normzweck
Rz. 4
§ 71 dient als Ausgleich dafür, dass der Versicherte wegen der erheblichen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) infolge des Versicherungsfalles und des dadurch geminderten Verdienstes keine hinreichende Vorsorge für die Hinterbliebenen treffen konnte. Wegen der Schädigung kann regelhaft nur ein geringerer Ausgleich für Hinterbliebene aufgebaut werden. Gerade bei Schwerverletzten i.S.d. § 57 besteht die Regelvermutung, dass solche Personen aus Erwerbstätigkeit keine adäquaten Einkünfte erzielen und deshalb keine ausreichende Vorsorge für Partner und Kinder leisten können. Dies führt auch zu einer niedrigeren Rentenleistung nach dem SGB VI. Auch leisten meist nahe Angehörige dem nahestehenden Schwerverletzten Pflegeleistungen. Das schränkt deren Verdienstmöglichkeit ein. Dies alles soll die Beihilfe bei den Anspruchsberechtigten jedenfalls in gewissem Maße ausgleichen und so Härtefälle vermeiden. Die Leistungen sollen insoweit die Minderung des Familieneinkommens aufgrund des Wegfalls der Versorgungsbezüge ausgleichen (vgl. zur versorgungsrechtlichen Parallelregelung des § 48 BVG bereits: BSG, Urteil v. 27.3.1958, 8 RV 739/55).
Rz. 5
Gesetzeszweck der laufenden Beihilfe ist der Ausgleich des bei den Hinterbliebenen durch den Versicherungsfall mittelbar verursachten Schadens. Einkommensverluste aus eigener Erwerbstätigkeit der Hinterbliebenen sind im Rahmen der Minderung der Versorgung unerheblich (LSG Hamburg, Urteil v. 24.9.2018, L 2 U 34/15, Rz. 15).
Rz. 6
Die Leistungen nach § 71 werden auch gewährt, obwohl der Versicherte nicht infolge des Versicherungsfalles verstorben ist. Damit hat die Regelung auch erhebliche Beweiserleichterungsfunktion. Der Anspruchsberechtigte muss daher insbesondere die Kausalität zwischen Tod und Versicherungsfall nicht nachweisen, wie es sonst regelhaft beim Bezug von Hinterbliebenenleistungen gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 gefordert wird.
1.4 Vorgängervorschriften
Rz. 7
Vorgängerregelungen zu § 71 finden sich in den §§ 600 bis 602 RVO. Abs. 1 entspricht § 600 Abs. 1 und 3 RVO. Abs. 2 entspricht § 600 Abs. 2 RVO. Abs. 3 entspricht § 601 RVO und Abs. 4 entspricht § 602 RVO.
1.5 Ergänzende bzw. korrespondierende Regelungen
Rz. 8
Zu beachten ist 48 Abs. 1 BVG in seiner noch bis zum 31.12.2023 gültigen Fassung. Die Voraussetzungen für die laufende Beihilfe nach Abs. 4 sollten nach dem Willen des Gesetzgebers entsprechend § 48 Abs. 1 BVG konkretisiert werden (vgl. die Gesetzesmotive BR-Drs. 263/95 S. 263 = BT-Drs. 13/2204 S. 92). Außerdem kann auch auf die Begriffsdefinition in § 2 Abs. 3 Satz 2 SGB XIV verwiesen werden, wonach als Kinder auch in den Haushalt Geschädigter aufgenommene Stiefkinder sowie Pflegekinder i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BKGG gelten.
Rz. 9
Nachfolgeregelung zu § 48 BVG ist § 148 SGB XIV, wobei § 148 SGB XIV eine stärkere Pauschalierung der Leistungen vornimmt.
1.6 Parallele Regelungen
Rz. 10
Außer § 48 BVG (= § 148 SGB XIV) bestehen keine parallelen Regelungen.