2.4.1 Förderung junger Menschen

 

Rz. 11

Abs. 3 Nr. 1 greift den in Abs. 1 aufgeführten Programmsatz auf (vgl. dazu Rz. 3) und erweitert ihn um das Gebot dazu beizutragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen. Dies findet seine Ausprägungen in zahlreichen Einzelvorschriften des SGB VIII. Beispielhaft seien dazu die Vorschriften des 3. Abschnitts zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege sowie die Vorschriften zur Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche sowie zur Hilfe für junge Erwachsene genannt. Zur Gewährung von Eingliederungshilfe ist der Jugendhilfeträger ferner als Rehabilitationsträger nach Maßgabe der Vorschriften des SGB XI verpflichtet.

2.4.2 Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen und erleichtern

 

Rz. 11a

Abs. 3 Nr. 2 i. d. F. des KJSG konkretisiert den Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe, zur Verwirklichung des Rechts eines jeden jungen Menschen auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beizutragen. Es wird klargestellt, dass der Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe auch darin besteht, allen jungen Menschen – unabhängig vom Vorliegen von Behinderungen und unabhängig von Kultur, Geschlecht, Nationalität, Herkunft und sozialem Hintergrund – gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Teilhabe wird dabei als Möglichkeit zu einer dem Alter und den individuellen Fähigkeiten entsprechenden selbstbestimmten Interaktion in allen junge Menschen betreffenden Lebensbereichen verstanden. Als dynamischer Prozess verändert sich Teilhabe je nach Alter und individuellen Fähigkeiten des jungen Menschen sowohl in Bezug auf die für diesen relevanten Lebensbereiche als auch im Hinblick auf seine Möglichkeiten der Interaktion und die Art und Weise ihrer Wahrnehmung. Es ist damit auch Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe, dieser Dynamik Rechnung zu tragen. Von besonderer Relevanz für junge Menschen sind insbesondere die Lebensbereiche Familie sowie Lernen und Wissensanwendung, darüber hinaus unter anderem auch die Ausübung von Freizeitaktivitäten sowie politisches, soziales und kulturelles Engagement (BT-Drs. 19/26107 S. 71).

2.4.3 Beratung und Unterstützung

 

Rz. 12

Abs. 3 Nr. 3 legt die Beratung und Unterstützung der Eltern und anderer Erziehungsberechtigter als Aufgabe der Jugendhilfe fest. Dies findet seine Ausprägungen in den Vorschriften des 2. Abschnitts zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21) und des 4. Abschnitts zur Hilfe zur Erziehung (§§ 27 bis 40). Der Begriff des Erziehungsberechtigten ist in § 7 Abs. 1 Nr. 6 definiert.

2.4.4 Schutz vor Gefahren für das Wohl der Kinder und Jugendlichen

 

Rz. 13

Auch Abs. 3 Nr. 4 normiert einen Programmsatz, der in zahlreichen Einzelvorschriften des SGB VIII seine Ausprägung findet. Sowohl Erziehungshilfen als auch der erzieherische Jugendschutz (§ 14) zählen dazu. Hinzu kommen Maßnahmen bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a, die Inobhutnahme nach § 42 sowie die Herausnahme nach Maßgabe der polizeirechtlichen Generalklausel. Die Schutzfunktion hat sowohl präventiven als auch repressiven Charakter. Sie steht in enger Verbindung zu dem in Abs. 2 Satz 2 normierten staatlichen Wächteramt. Das Kindeswohl ist ausfüllungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff. Es ist oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung (vgl. BVerfG, Urteil v. 3.11.1982, 1 BvL 25/80, 1 BvL 38/80, 1 BvL 40/80, 1 BvL 12/81; BVerfG, Urteil v. 14.4.1987, 1 BvR 332/86).

2.4.5 Beitrag zur Schaffung positiver Lebensbedingungen

 

Rz. 14

Der in Abs. 3 Nr. 5 enthaltene Programmsatz weist auf den gesamtgesellschaftlichen Bezug der Jugendhilfe hin. Die Jugendhilfe soll auch andere Politikfelder beeinflussen, um so positive Lebensbedingungen und eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu gewährleisten. Dabei kommen insbesondere die Stadtentwicklung, die Verkehrspolitik, die Arbeitsmarktpolitik und die Wohnungspolitik in Betracht. Die Vorschriften zur Jugendhilfeplanung in §§ 80, 81 tragen dem Rechnung. Für den Bereich der Bauleitplanung sind gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BauGB die Bedürfnisse junger Menschen und ihrer Familien bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist gemäß § 4 BauGB als Träger öffentlicher Belange an der Bauleitplanung zu beteiligen.

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