Rz. 13

Die Neufassung des Abs. 2 durch das KICK regelt das Vor- und Nachrangverhältnis speziell für unterhaltsberechtigte Empfänger von Hilfen und Teilnehmern an Maßnahmen nach dem SGB VIII und unterhaltsverpflichteten Dritten. Aus dem Kontext des Abs. 2 Satz 1 geht hervor, dass die Leistungen der Jugendhilfe unabhängig von dem Bestehen oder Nichtbestehen von Unterhaltsverpflichtungen und Unterhaltsansprüchen gewährt werden (Tillmanns, in: Münchner Komm. zum BGB, Bd. 8, § 10 SGB VIII Rz. 6). Leistungen der Jugendhilfe dürfen nicht mit der Begründung abgelehnt werden, eine unterhaltspflichtige Person sei vorrangig verpflichtet. Die unterhaltspflichtigen Personen werden vielmehr von dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe in der Form der pauschalierten Kostenbeteiligung (§ 90), des Kostenbeitrags (§§ 91 bis 94) oder der Überleitung von Ansprüchen (§§ 95f.) herangezogen.

 

Rz. 14

Absatz 2 Satz 2 beschreibt die unterhaltsrechtlichen Auswirkungen der Heranziehung; trifft also im Grunde eine unterhaltsrechtliche Klarstellung. Der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch wird durch die Hilfegewährung zwar dem Grunde nach nicht berührt, doch ist unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, inwieweit durch die Hilfegewährung ein Bedarf gedeckt wird. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen wird durch die Kostenbeteiligung bzw. den Kostenbeitrag gemindert. Aus dem Blickwinkel des Unterhaltspflichtigen heraus wird zwar der Bedarf des Unterhaltsberechtigten durch die Gewährung von Leistungen nach dem SGB VIII partiell gedeckt. Dies enthebt den Unterhaltspflichtigen jedoch nicht der Pflicht zur Beteiligung an den Kosten des Jugendhilfeträgers nach Maßgabe der §§ 90 bis 97b (vgl. dazu BGH, Urteil v. 6.12.2006, XII ZR 197/04).

 

Rz. 15

Gesetzliche Unterhaltspflichten sind in § 1360 BGB für den Ehegatten, in §§ 1601 ff. BGB für Verwandte in gerader Linie und in § 5 LPartG für Lebenspartner geregelt. Zum Unterhaltsbedarf gehört der gesamte Lebensbedarf des Verpflichteten einschließlich der Kosten der Schul- und Berufsausbildung. Die Unterhaltspflichten anderer werden nicht berührt. Dies bedeutet, dass (nur) diejenigen Unterhaltspflichten vorrangig gegenüber den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind, bei denen die Regelungen des SGB VIII die Kostenbeteiligung (§ 90), den Kostenbeitrag (§§ 91 bis 94) oder die Überleitung von Ansprüchen (§§ 95 f.) vorsieht. Die Unterhaltspflichten sind nur gegenüber denjenigen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vorrangig, die dem gleichen Zweck dienen. Dabei kommen die Leistungen in Betracht, die als Annex die Sicherstellung des Unterhalts vorsehen. Dies ist bei der Hilfe zur Erziehung (§ 39 i. V. m. §§ 32 bis 35 und § 35a Abs. 2 Nr. 2 bis 4) sowie bei der Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 Satz 2) und der Heimerziehung (§ 34 Abs. 2) von Kindern oder Jugendlichen der Fall. Ferner gehört bei bestimmten Bildungs- und Eingliederungsmaßnahmen (§ 13 Abs. 3), bei der Betreuung in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder (§ 19 Abs. 3) und bei der Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht (§ 21 Satz 2) die Unterhaltsgewährung mit zum Leistungsumfang.

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