0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 102 ist derzeit i. d. F. der Bekanntmachung des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) seit dem 10.6.2021 in Kraft.
Die Vorschrift wurde mit dem SGB VIII eingeführt und durch das Gesetz zur Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechts (Kinder- und Jugendhilfegesetz – KJHG) v. 26.6.1990 (BGBl. I S. 1163) zum 1.1.1991 in Kraft gesetzt.
Abs. 2 wurde geändert durch Art. 1 des 2. SGB VIII-ÄndG v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1775); vgl. zu den Gesetzeserwägungen BT-Drs. 13/3082 S. 12).
Abs. 3 wurde eingefügt durch Art. 2 Nr. 29 BKiSchG v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2975); vgl. BR-Drs. 202/11 S. 17, 54 f.).
Durch Art. 1 Nr. 66 des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) wurde in § 103 mit Wirkung zum 10.6.2021 ein neuer Abs. 4 eingefügt (BR-Drs. 5/21 S. 25, 120 = BT-Drs. 19/26107 S. 34, 118; der Gesetzesvorschlag blieb durch die Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss) unverändert, vgl. BT-Drs. 19/28870 S. 73).
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Vorschrift stellt eine bereichsspezifische Konkretisierung der Regelungen in § 16 Abs. 4 und 5 Bundesstatistikgesetz und der datenschutzrechtlichen Regelungen in §§ 61 ff. dar. Sie konkretisiert ferner die datenschutzrechtlichen Regelungen in § 35 SGB I und §§ 67 ff. SGB X. Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X sind daher ebenso anwendbar wie die datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesstatistikgesetzes (so ausdrücklich der Gesetzgeber, vgl. BR-Drs. 503/89 S. 111 = BT-Drs. 11/5948 S. 114).
Rz. 3
Regelungsgegenstand ist die Übermittlung statistischer Daten durch das Statistische Bundesamt und die statistischen Ämter der Länder an die fachlich zuständigen obersten Bundes- und Landesbehörden (Abs. 1) und an die zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände (Abs. 2). Außerdem regelt Abs. 3 eine Veröffentlichungsbefugnis und Abs. 4 schließlich die Übermittlungsbefugnis zugunsten der statistischen Landesämter für die Übermittlung von Einzeldaten an das Statistische Bundesamt.
2 Rechtspraxis
2.1 Übermittlungsbefugnis nach Abs. 1
2.1.1 Grundsätze nach Satz 1
Rz. 4
Abs. 1 Satz 1 enthält die bereichsspezifische Zulassung zur Weitergabe von Daten an die fachlich zuständigen Bundes- und Landesbehörden, die § 16 Abs. 4 Bundesstatistikgesetz voraussetzt. Die Übermittlung ist zulässig für Zwecke der Planung, nicht für die Regelung von Einzelfällen. Die Regelung hat damit die Funktion einer Ermächtigungsgrundlage (vgl. auch BR-Drs. 503/89 S. 111 = BT-Drs. 11/5948 S. 114).
2.1.2 Tabellen
Rz. 5
Die Übermittlung von Tabellen, deren Tabellenfelder nur einen einzigen Fall aufweisen ("Tabelleneinsen") dürfen nur bis auf Regierungsbezirksebene, in den Stadtstaaten bis auf Bezirksebene differenziert werden, um einen gewissen Anonymisierungsgrad zu gewährleisten.
2.2 Statistische Zwecke nach Abs. 2
Rz. 6
Abs. 2 enthält die bereichsspezifische Zulassung zur Weitergabe von Daten, die § 16 Abs. 5 Bundesstatistikgesetz voraussetzt (vgl. zu den Gesetzeserwägungen BT-Drs. 13/3082 S. 12; die durch das 2. SGB VIII-ÄndG v. 15.12.1995 (BGBl. I S. 1775) eingefügte Regelung entsprach § 133 BSHG in seiner bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Danach dürfen Einzelangaben aus der Erhebung nach § 99 mit Ausnahme der Hilfsmerkmale an die für Statistik zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände ausschließlich zu statistischen Zwecken übermittelt werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass die für Statistik zuständigen Stellen von den anderen Teilen der Gemeindeverwaltung organisatorisch getrennt sind und somit eine unzulässige Datenweitergabe ausgeschlossen ist.
Rz. 7
In Abs. 2 werden die auskunftspflichtigen Jugendhilfeträger und Behörden sowie die Bereiche definiert, für die die Auskunftspflicht besteht. Die Regelung beinhaltet eine Abgrenzung und Begrenzung der Bereiche, auf die sich die Auskunftspflicht bezieht; sie ist abschließend.
Rz. 8
Da angesichts der Trägervielfalt die statistischen Ämter der Länder nicht die Anschriften aller Auskunftspflichtigen kennen können, normiert Abs. 2 die Pflicht der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Benennung auf Anforderung.
2.3 Veröffentlichungsbefugnis nach Abs. 3
Rz. 9
Der durch das BKiSchG eingefügte Abs. 3 ermöglicht auf der Ebene einer Gemeinde oder eines Jugendamtsbezirks die Veröffentlichung statistischer Daten. Sie lässt hinsichtlich der von einem öffentlichen oder freien Träger erbrachten Leistungen eine Ausnahme von der Geheimhaltung zu, nicht aber hinsichtlich der Leistungsempfänger (vgl. BR-Drs. 202/11 S. 17, 54 f.).
Rz. 10
Die Regelung dient damit der Beschreibung der Auswirkungen des SGB VIII detailliert auf kleinräumiger Ebene. Abs. 3 soll eine Veröffentlichung von Angaben auf der Ebene einer Gemeinde oder eines Jugendamtsbezirkes ermöglichen, auch wenn dort weniger als 3 Träger der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind (BR-Drs. 202/11 S. 54 f.).
Rz. 11
Die Vorschrift lässt jedoch nur in Bezug auf die befragte Gemeinde selbst bzw. die durch einen freien Träger ...