2.1 Tatbestände (Abs. 1)
2.1.1 Grundsätzliches
Rz. 2
In Abs. 1 ist im Einzelnen aufgeführt, welche Verhaltensweisen als Ordnungswidrigkeiten verfolgt und mit einer Geldbuße geahndet werden können. Die Entscheidung des Gesetzgebers, bestimmte Verstöße gegen einzelne, zum Schutz von Kindern und Jugendlichen erlassene Bestimmungen des SBG VIII Kinder- und Jugendhilfe als Ordnungswidrigkeiten ahnden zu können, ist nicht neu. Bereits nach dem bis zum 31.12.1990 geltenden Gesetz für Jugendwohlfahrt (JWG) waren bestimmte Verhaltensweisen ordnungswidrig.
Die Aufzählung in Abs. 1 ist abschließend, d. h. nur die in Nr. 1 bis 4 genannten Verstöße können als Ordnungswidrigkeiten verfolgt werden.
Rz. 3
Bei den in Nr. 1 bis 3 genannten Verstößen ist ein ordnungswidriges Verhalten nur gegeben, wenn der Betroffene mit Vorsatz gehandelt hat. Dies ergibt sich aus § 10 OWiG, wonach als Ordnungswidrigkeit nur vorsätzliches Handeln geahndet werden kann, außer wenn das Gesetz auch fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht. Dies ist in Nr. 4 der Fall. Hier liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, wenn der Betroffene vorsätzlich oder fahrlässig handelt.
Rz. 4
Vorsatz ist Wissen und Wollen der Tat. Vorsätzliches Handeln setzt die (aktuelle) Kenntnis aller objektiven Tatbestandsmerkmale und den Willen zur Tatbestandsverwirklichung voraus. Fahrlässiges Handeln liegt vor, wenn der Betroffene die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, außer Acht lässt und deshalb die Tatbestandsverwirklichung nicht erkennt oder voraussieht oder die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung zwar erkennt, aber mit ihr nicht einverstanden ist und ernsthaft darauf vertraut, diese werde nicht eintreten.
2.1.2 Betreuung oder Aufnahme ohne Pflegeerlaubnis (Nr. 1)
Rz. 5
Nach dem durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (BGBl. I S. 2729) neu gefassten § 43 Abs. 1 bedarf jeder, der Kinder außerhalb ihrer Wohnung in anderen Räumen während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als 3 Monate betreuen will (Tagespflegeperson) der Erlaubnis. Ferner bedarf nach dem durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe (BGBl. I S. 2729) geänderten § 44 Abs. 1 Satz 1 der Pflegeerlaubnis durch das zuständige Jugendamt jeder, der ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson). Die Tagespflegeerlaubnis ist dabei unabhängig davon erforderlich, ob die Tätigkeit in selbständiger oder angestellter Form ausgeübt wird. Es ergeben sich daher keine Unterschiede hinsichtlich der Anwendung der Ordnungswidrigkeitsvorschrift des § 104 Abs. 1 Nr. 1 bei selbständigen Tagespflegepersonen gegenüber abhängig beschäftigten Tageseltern, sodass aus der Existenz dieser Vorschrift nichts für oder gegen eine abhängige Beschäftigung Sprechendes abgeleitet werden kann (ZKJ 2018 S. 32, 36).
Rz. 6
Die Erlaubnis muss vor Beginn der Betreuung in der Kindertagespflege gemäß § 43 Abs. 1 bzw. der Aufnahme in die Vollzeitpflege gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 vorliegen. Wer vorsätzlich ohne diese Erlaubnis ein Kind betreut oder ein Kind oder einen Jugendlichen in seinen Haushalt aufnimmt, handelt ordnungswidrig. Ebenfalls handelt ordnungswidrig, wer die Aufnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt fortsetzt, obwohl eine zunächst erteilte Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 3 Satz 2 zurückgenommen oder widerrufen worden ist. Ein ordnungswidriges Verhalten scheidet hingegen aus, wenn einer der Ausnahmetatbestände gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 vorliegt. Die Ausnahmen sind abschließend geregelt. Weitere Ausnahmetatbestände kommen mithin nicht in Betracht.
Rz. 6a
Die Unterrichtungspflicht gegenüber dem Jugendamt betrifft z. B. Beginn und Ende der Kindertagespflege, Ereignisse im Leben der Tagespflegeperson wie etwa Geburt eines eigenen Kindes, Scheidung, neue Wohnanschrift, aber auch Auffälligkeiten im Bereich der Pflegekinder (ZKJ 2018 S. 32, 36).
Rz. 6b
Da eine Tagespflegeerlaubnis unabhängig davon erforderlich ist, ob die Tätigkeit in selbständiger oder angestellter Form ausgeübt wird, ergeben sich im Übrigen Unterschiede hinsichtlich der Anwendung der Ordnungswidrigkeitsvorschrift des § 104 Abs. 1 Nr. 1 bei selbständigen Tagespflegepersonen gegenüber abhängig beschäftigten Tageseltern nicht (ZKJ 2018 S. 32, 36).
Rz. 6c
Nr. 1 wirkt damit faktisch als Berufsausübungverbot; aufgrund der Sicherstellung des Kindeswohls als das höchste Schutzgut des Jugendhilferechts darf ein Betroffener ohne Erlaubnis zur Tagespflege gemäß § 43 Abs. 2 die versprochene Kinderbetreuung nicht erbringen und wird deswegen zu Recht mit Bußgeld aufgrund Ordnungswidrigkeit bedroht (zutreffend VG Potsdam, Beschluss v. 19.6.2020, 7 L 295/20 Rz. 41; VG Potsdam, Beschluss v. 22.1.2020, 7 L 11/20 Rz. 22); aufgrund der Sicherstellung des Kindeswohls ist die Regelung auch verfassungsgemäß und verstößt nicht gegen Art. 12 GG.
2.1.3 Betrieb einer Einrichtung ohne Erlaubnis (Nr. 2)
Rz. 7
In § 45 Abs. 1 Satz 1 ist bestimmt, dass jeder Träger einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder...