Rz. 11
Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfolgt entweder aufgrund einer Strafanzeige oder von Amts wegen. Eine Strafanzeige kann bei der Staatsanwaltschaft, den Behörden und Beamten des Polizeidienstes und dem Amtsgericht mündlich oder schriftlich angebracht werden (§ 158 Abs. 1 StPO). Anzeigebefugt ist jeder, d. h. nicht nur derjenige, der durch die Straftat unmittelbar verletzt oder betroffen ist. Eine Frist zur Erstattung einer Strafanzeige ist nicht vorgegeben.
Rz. 12
Die Staatsanwaltschaft ist die "Herrin des Ermittlungsverfahrens". Die Ermittlungen werden durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder im sog. ersten Zugriff durch die Polizeibehörden geführt (§§ 160ff. StPO). Dabei gilt das sog. Legalitätsprinzip, d. h. bei Bekanntwerden von Umständen, die den Verdacht einer Straftat begründen, haben die Strafverfolgungsbehörden (Polizei/Staatsanwaltschaft) gemäß § 152 Abs. 2 StPO den Sachverhalt zu erforschen und einzuschreiten. Zu den Ermittlungen gehören insbesondere Zeugenvernehmungen, die Einholung ärztlicher Berichte oder behördlicher Auskünfte, die Durchführung von Durchsuchungen. Der Umfang der Ermittlungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Der Beschuldigte ist spätestens vor dem Abschluss der Ermittlungen zu vernehmen, es sei denn, dass das Verfahren zur Einstellung führt (§ 163a Abs. 1 StPO).
Rz. 13
Hat die Polizei Ermittlungen durchgeführt, hat sie die Vorgänge ohne Verzug der für den Tatort zuständigen Staatsanwaltschaft vorzulegen (§ 163 Abs. 2 StPO). Nur die Staatsanwaltschaft ist zum Abschluss der Ermittlungen befugt.
Haben die Ermittlungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen keinen hinreichenden Tatverdacht einer Straftat ergeben, d. h. keine nach der vorläufigen Tatbewertung gegebene Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung (Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 50. Aufl., § 203 Anm. 2), stellt sie das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Hält sie darüber hinaus eine weitere Verfolgung des Verhaltens als Ordnungswidrigkeit nach § 104 für geboten, legt sie der zuständigen Verwaltungsbehörde die Vorgänge zur weiteren Veranlassung vor.
Haben die Ermittlungen gegen den Beschuldigten einen hinreichenden Tatverdacht ergeben, schließt die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ab und erhebt Anklage oder beantragt den Erlass eines Strafbefehls. Auch kann sie (nicht die Polizei) das Verfahren in diesem Stand nach dem sog. Opportunitätsprinzip mit Zustimmung des Gerichts gemäß § 153 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit oder gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen eine der dort abschließend genannten Auflagen/Weisungen zunächst vorläufig und nach deren Erfüllung endgültig einstellen.
Mit einer Einstellung nach den vorgenannten Bestimmungen oder mit Erhebung der Anklage/der Beantragung eines Strafbefehls ist das Ermittlungsverfahren abgeschlossen. Ist der Aufenthalt eines Beschuldigten nicht feststellbar, kommt eine vorläufige Einstellung in Betracht (§ 205 StPO analog).