Rz. 25
Nach Abs. 3 Nr. 1 ist ein Schwerpunkt der Jugendarbeit die außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung. Kinder- und Jugendarbeit hat damit zwar rechtlich eindeutig einen Bildungsauftrag zu erfüllen. Dennoch unterscheiden sich die organisatorischen Ausgangsbedingungen – etwa im Vergleich zur Schule – in so vielen Punkten, dass es sinnvoll und notwendig ist, die spezifischen Organisationsmerkmale dieser Form der Bildungsarbeit herauszuarbeiten. Insbesondere die organisatorischen Rahmenbedingungen sind im Vergleich zur Schule andere. Zwar unterliegt Jugendarbeit der öffentlichen Verantwortung, aber die Aufgaben werden nicht nach dem Prinzip der Staatlichkeit, sondern der freien und privaten Trägerschaft erfüllt. Hieraus folgt ein hohes Maß an Eigenständigkeit in Hinblick auf die Schwerpunkte der Bildungsarbeit und deren inhaltliche Ausgestaltung.
Rz. 26
Bei der außerschulischen Jugendbildung handelt es sich um Themen, die in erster Linie im Verantwortungsbereich der Schulen liegen. Bildungsangebote und -leistungen der Jugendarbeit weisen im Gegensatz zu vielen formalen Bildungsinstitutionen einen hohen Grad an Selbstorganisation durch Jugendliche auf. Angebote der Jugendarbeit können in weiten Bereichen durch die Adressaten der Angebote, also die Jugendlichen, selbst gestaltet werden und es hängt von diesen ab, inwiefern sie auf entsprechende Angebote eingehen. Kindern und Jugendlichen stehen auch insofern Beteiligungsrechte zu (§ 8). Die Angebote der Jugendarbeit sollen von ihnen mitbestimmt werden.
Die Angebote sind durch eine Aneignungs- und Vermittlungsstruktur gekennzeichnet, in der lebensweltliche und sozialräumliche Bedingungen zum unverzichtbaren Bestandteil gehören. Insofern steht diese Ausrichtung der außerschulischen Jugendbildung durch die Einbeziehung der konkreten sozialen Gegebenheiten und Erwartungen im Gegensatz zum schulischen Bildungsansatz, der diese Rand- und Rahmenbedingungen in aller Regel nicht mit einbezieht. Damit, dass Jugendbildung ihren positiven Ansatz auf die Institution Schule übertragen kann, ist nicht zu rechnen. Realistischerweise wird sie lediglich einen ergänzenden Bildungsbeitrag z. B. in Form von Seminaren in Bildungsstätten leisten können.
Zum Teil wird die politische Bildung als der Bereich von zentraler Bedeutung angesehen (so Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, Kommentar zum SGB VIII, § 11 Rz. 19). Im Hinblick auf das allgemein beklagte politische Desinteresse junger Menschen ist diese Wertung nachvollziehbar. Wünschenswert ist aber eine Gesamtschau aller Bildungsbereiche, die den Jugendlichen selbst zu einer mündigen und entscheidungsfähigen Persönlichkeit erzieht. Der Jugendarbeit kann dabei im Vergleich zur Schulbildung im Rahmen einer "Arbeitsteilung" der praktische Teil zukommen. Sie wird jedoch nicht in der Lage sein, Defizite der Schulbildung – wie sie seit den katastrophalen deutschen Ergebnissen der "Pisa-Studien" breit diskutiert werden – auszugleichen; insofern kommt der Jugendarbeit rein faktisch nur eine ergänzende Funktion zu.