Rz. 2
Die in § 13 geregelte Jugendsozialarbeit ist gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 – genauso wie die Jugendarbeit – eine Leistung der Jugendhilfe. Unter der Jugendsozialhilfe werden verschiedene Leistungen verstanden; ihr Schwerpunkt liegt bei der schulischen und beruflichen Unterstützung und Integration junger Menschen mit sozialen und individuellen Eingliederungsschwierigkeiten.
Rz. 3
Das Ziel der gesellschaftlichen Integration insbesondere durch berufliche und soziale Eingliederung verfolgen seit dem Inkrafttreten des SGB II am 1.1.2005 drei Leistungsgesetze: neben dem SGB VIII das SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und das SGB III (Arbeitsförderung).
Rz. 4
Die Konkurrenz zwischen diesen verschiedenen sozialrechtlichen Leistungsbereichen ist nicht immer eindeutig. Bis zur Änderung des § 10 durch das KICK war insbesondere das Verhältnis zwischen dem Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II und den Regelungen zur Jugendsozialarbeit in § 13 unklar.
Jugendhilfe und Sozialhilfe sind zwei umfassende sozialrechtliche Hilfesysteme mit unterschiedlichen Aufgaben und Rechtsfolgen, die nicht trennscharf aufeinander abgestimmt und deshalb auch nicht sachtypisch voneinander abzugrenzen sind. Eine Abgrenzung beider Systeme kann daher nur durch die Rückführung auf ihre grundlegenden Werte erfolgen. Entscheidend ist dabei die unterschiedliche inhaltliche Ausgestaltung des Begriffs der "Eigenverantwortung".
Jugendhilfe setzt die Eigenverantwortung junger Menschen nicht voraus, sondern erklärt sie zum Förderziel: Es soll eine "eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit" erzogen werden (vgl. § 1 Abs. 1). Bezweckt wird ein offener Entwicklungsprozess, der in der sozialen und gesellschaftlichen Integration der Jugendlichen mündet und die Basis jeder arbeitsmarktbezogenen Förderung bildet.
Dagegen bedeutet "eigenverantwortlich zu sein" i. S. d. SGB II, "ausreichend eigeninitiativ" zu sein und somit die sozialrechtlichen Voraussetzungen für den Fortbestand des materiellen Leistungsanspruchs zu begründen.
Hieraus ergibt sich, dass Jugendsozialhilfe mit dem Ziel, eigenverantwortliche junge Menschen zu schaffen, grundlegend für ein erfolgreiches Arbeitsleben in Selbst- und Fremdverantwortlichkeit ist. Maßgeblich für die Frage, ob bei der Förderung der identischen Altersgruppe der 15 bis 25 Jahre alten erwerbsfähigen, arbeitslosen jungen Menschen Leistungsarten des SGB VIII oder des SGB II vorrangig sind, ist deshalb der individuelle Entwicklungsstand des Jugendlichen.
Rz. 5
Auf diesem Grundgedanken beruhen insbesondere die in § 3 SGB II normierten Leistungsgrundsätze. § 3 Abs. 2 SGB II stellt fest, dass erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverzüglich nach Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln sind. Können Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss nicht in eine Ausbildung vermittelt werden, soll die Agentur für Arbeit darauf hinwirken, dass die vermittelte Arbeit oder Arbeitsgelegenheit auch zur Verbesserung ihrer beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten beiträgt.
Aus dieser Vorschrift haben einige Jugendämter geschlossen, es bedürfe einer arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit nicht mehr, da die Eingliederungshilfen nach dem SGB II vorrangig seien. Inzwischen hat der Gesetzgeber diese Frage durch das am 1.10.2005 in Kraft getretene KICK geklärt: Grundsätzlich geht die Jugendhilfe Leistungen nach dem SGB II – vgl. § 10 Abs. 3 Satz 1 – sowie Leistungen nach dem SGB XII – vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 – vor. Durch das KICK wurde darüber hinaus in § 10 Abs. 3 Satz 2 ein Vorrang der Leistungen nach § 3 Abs. 2, den §§ 14 bis 16g, § 19 Abs. 2 i. V. m. § 28 Abs. 6 SGB II eingeführt. Damit wurde das Konkurrenzverhältnis zwischen dem SGB II und dem SGB VIII klargestellt.
Die Jugendhilfe ist weder von der Bereitstellung eigenständiger Angebote befreit noch ein unselbständiges "Anhängsel" des § 3 Abs. 2 SGB II. Vielmehr bleiben die eigenständigen Angebote der Jugendsozialarbeit bestehen und werden nicht durch Eingliederungsleistungen nach dem SGB II ersetzt.
Mit dem Inkrafttreten des § 3 Abs. 2 SGB II ist gleichwohl der Anwendungsbereich des § 13 dahingehend eingeschränkt, dass die Leistungsträger für junge Menschen mit Berufsabschluss einen Vermittlungsvorrang in Arbeit, Ausbildung und Arbeitsgelegenheit erhalten haben. Die Leistungen zur Vermittlung setzen damit voraus, dass die Jugendlichen über einen Berufsabschluss verfügen und keine erzieherischen Defizite nach §§ 27 ff. ausgeglichen werden müssen.
Für den Fall, dass sozialpädagogische Maßnahmen erforderlich werden, hat das VG Berlin insofern eine folgerichtige Entscheidung getroffen (Beschluss v. 10.5.2006, 18 A 904.05). Es hat einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Berufsausbildung zum Mediengestalter unter Einschluss einer sozialpädagogisch begleiteten Ausbildungsmaßnahme direkt gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 13 Abs. 2 und § 41 Abs. ...