Rz. 3
Artikel 6 GG garantiert den Schutz von Ehe und Familie. Der grundgesetzliche Familienbegriff knüpft an das bürgerlich-rechtliche Institut der Familie an (BVerfG, Beschluss v. 17.1.1957, 1 BvL 4/54). Danach ist die Familie die umfassende Gemeinschaft zwischen Eltern und Kindern (Urteil v. 29.7.1959, 1 BvR 205/58), gleichgültig, ob ehelich oder nichtehelich (BVerfG, Beschluss v. 8.6.1977, 1 BvR 265/75), Adoptiv-, Stief- oder Pflegekinder (Beschluss v. 17.10.1984, 1 BvR 284/84).
Die Familie ist die kleinste "Zelle" des Staates: Sie hat viele wichtige Funktionen zu erfüllen, nicht nur für die Beziehung zwischen Eltern und Kindern, sondern darüber hinaus für den Bestand und die Stabilität der Gesellschaft und des von ihr getragenen Staates. Eine wichtige Funktion ist die Geburt von Kindern und deren Sozialisation, indem die Eltern ihren Nachwuchs so erziehen, dass sie ihn gesellschaftsfähig machen. Durch die Familie findet der einzelne einen Platz in der Gesellschaft, erhält hier ggf. eine Religionszugehörigkeit und wird auf einen Beruf vorbereitet. Aufgabe der Familie ist es zudem, die körperlichen und psychischen Bedürfnisse ihrer Mitglieder nach Anerkennung und Zuwendung zu befriedigen und einen Spannungsausgleich zu dem sonstigen Umfeld zu schaffen, indem sie einen wichtigen Katalysator für Probleme aus Schule, Beruf und übrigem öffentlichen Bereich bildet.
Auf den Familien lastet in der heutigen Zeit ein erheblicher Erwartungsdruck, dem viele nicht gewachsen sind. Familienprobleme und damit Schwierigkeiten bei der familiären Erziehung können sich aus einer Reihe von Gründen ergeben, wie dem familiären, häufig stark emotional belasteten Zusammenleben selbst, der wirtschaftlich oft notwendigen Berufstätigkeit beider Elternteile und dem damit entstehenden Zeitdruck, der Überforderung der Eltern, der beruflichen Unzufriedenheit und drohenden oder sich bereits realisierenden Arbeitslosigkeit, den unrealistischen und überzogenen Erwartungen an das Kind oder der Unvollständigkeit der Familie.
Auch die tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen einem Elternteil und einem nichtehelichen Kind steht unter dem Schutz des Art. 6 GG BVerfG, Beschluss v. 8.6.1977, (1 BvR 265/75; BVerfG, Beschluss v. 30.11.1988, 1 BvR 37/85 79).
Die in § 16 normierten Leistungen zur Förderung der Erziehung in der Familie sollen Müttern, Vätern, anderen Erziehungsberechtigten und jungen Menschen angeboten werden. Die Familienförderung des § 16 geht damit über den zivilrechtlichen Familienbegriff hinaus (Wiesner/Mörsberger/Oberloskamp/Struck, Kommentar zum SGB VIII, § 16 Rz. 5); ihr Sinn ist, jede Lebensgemeinschaft zwischen Erwachsenen und jungen Menschen zu fördern, nicht nur die familiäre.
2.1.1 Mutter als Leistungsempfängerin
Rz. 4
Die Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat (§ 1591 BGB) und als solche leistungsberechtigt.
2.1.2 Vater als Leistungsempfänger
Rz. 5
Der Vater ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Kindesmutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gemäß § 1600 des BGB gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 BGB).
2.1.3 Andere Erziehungsberechtigte als Leistungsempfänger
Rz. 6
Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Nr. 6 ist Erziehungsberechtigter der Personensorgeberechtigte und jede sonstige Person über 18 Jahren, soweit sie aufgrund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnimmt. Hiervon ausgehend ist Personensorgeberechtigter in erster Linie jeder Elternteil. Für "andere Erziehungsberechtigte" ergeben sich folgende Besonderheiten.
2.1.3.1 Lebenspartnerin/Lebenspartner
Rz. 7
Aufgrund von § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) v. 16.2.2001 (BGBl. I S. 266) begründen 2 Personen gleichen Geschlechts eine Lebenspartnerschaft, wenn sie gegenseitig persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, miteinander eine Partnerschaft auf Lebenszeit führen zu wollen (Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner).
§ 9 Lebenspartnerschaftsgesetz trifft Regelungen in Bezug auf Kinder eines Lebenspartners: Führt der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Lebenspartnerschaft, hat sein Lebenspartner im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. § 1629 Abs. 2 Satz 1 des BGB gilt entsprechend.
Bei Gefahr im Verzug ist der Lebenspartner dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der sorgeberechtigte Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten. Die Befugnisse bestehen (nur dann) nicht, wenn die Lebenspartner nicht nur vorübergehend getrennt leben.
Mit dem Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften v. 16.2.2001 (BGBl. I S. 266) ist das SGB VIII entsprechend geändert worden; es findet auch auf die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Anwendung. Bei dem Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft handelt es sich demnach um einen Erziehungsberechtigten gemäß § 16 Abs. 1.
2.1.3.2 Vormund
Rz. 8
Ein Minderjähriger (unter 1...