Rz. 42
Elterliche Sorge kann von den Personen ausgeübt werden, die das Gesetz als Vater und Mutter definiert. Danach ist Mutter die Frau, die das Kind geboren (§ 1591 BGB) oder adoptiert hat (§ 1754 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Vater ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war (§ 1592 Nr. 1 BGB), die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter und ggf. des Kindes anerkannt hat (§§ 1592 Nr. 2, 1595 Abs. 1, Abs. 2 BGB), dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 Nr. 3 BGB) oder der das Kind adoptiert hat (§§ 1754 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Nur im Fall des § 1592 Nr. 3 BGB ist es wesentlich, ob eine biologische Elternschaft besteht (vgl. §§ 1600d Abs. 2, 1600 Abs. 2 letzter Teilsatz BGB; § 640h Abs. 2 ZPO). Im Übrigen ist die biologische Mutter- oder Vaterschaft keine Voraussetzung für die Stellung als Eltern. Das Gesetz knüpft vielmehr an rechtliche Tatbestände an, die auch Anwendung finden, wenn feststeht, dass eine biologische Elternschaft nicht besteht (Elternschaft im Rechtssinne). Die rechtliche Elternschaft ist deshalb unabhängig davon, ob ein Fall einer Leihmutterschaft vorliegt oder der Mann die Mutter erst kennen lernte, als diese bereits schwanger war.
Rz. 43
Auf dieser Grundlage wird nachfolgend erörtert, wann elterliche Sorge von den rechtlichen Eltern gemeinsam ausgeübt wird und welche Rechte der nicht sorgeberechtigte Vater hat, um anschließend die Rechtsstellung des bloß biologischen Vaters darzustellen und auf besondere Probleme als Folge eine Adoptionsverfahrens einzugehen.
2.2.2.1 Gemeinsame elterliche Sorge
Rz. 44
Die rechtlichen Eltern üben die elterliche Sorge gemeinsam aus, wenn sie bei der Geburt miteinander verheiratet waren (§§ 1626 Abs. 1 Satz 1; 1626a Abs. 1 HS 1 BGB), nach der Geburt heiraten (§ 1626 a Abs. 1 Nr. 2 BGB), gemeinsame Sorgeerklärungen abgeben (§ 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder ein Kind gemeinschaftlich adoptieren (§ 1754 Abs. 1, Abs. 3 BGB). Die gemeinsamen Sorgeerklärungen sind nur wirksam, wenn die rechtlichen Eltern die Erfordernisse der §§ 1626 b bis 1626d BGB beachten (§ 1626e BGB). Insbesondere müssen die Sorgeerklärungen öffentlich beurkundet werden (§ 1626 d Abs. 1 BGB). Hierzu ist neben den Notaren (§ 20 Abs. 1 Satz 1 BNotO) die Urkundsperson beim Jugendamt nach § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 befugt. Zudem können die Eltern die gemeinsame Sorge nur umfassend und nicht lediglich für bestimmte Teilbereiche begründen (BGH, Beschluss v. 15.11.2007, XII ZB 136/04). Denn die Regelung will nichtehelichen Kindern eine gleiche Sorgerechtslage wie ehelichen Kindern ermöglichen. Für eheliche Kinder haben die Eltern vollumfänglich die gemeinsame Sorge, ohne darüber disponieren zu können.
Rz. 45
Liegt einer der genannten Fälle nicht vor, übt die Mutter die elterliche Sorge alleine aus (§ 1626a Abs. 2 BGB). Im Rahmen einer nicht gemeinschaftlichen Adoption übt die elterliche Sorge allein der Annehmende aus (§ 1754 Abs. 2, Abs. 3 BGB).
2.2.2.2 Nicht sorgeberechtigte Väter
Rz. 46
Vätern, die nicht sorgeberechtigt sind, kommt rechtlich in erster Linie eine Auffangfunktion zu. Kann die Mutter die elterliche Sorge nicht länger ausüben, hat das Familiengericht die elterliche Sorge auf den Vater zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Das gilt insbesondere für den Fall des Todes der Mutter (§ 1680 Abs. 2 Satz 2 BGB), des Ruhens der Sorge aufgrund Geschäftsunfähigkeit (§§ 1673 Abs. 1, 1675, 1678 Abs. 2 BGB – für das Verhältnis zum Betreuungsrecht vgl. Jurgeleit, Kommentar zum Betreuungsrecht, 2006, § 1896 Rz. 127) und des vollständigen oder teilweisen Entzugs der elterlichen Sorge (§§ 1666, 1666a, 1680 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 BGB).
Im Fall eines sog. Ehrenmordes an der Mutter von Angehörigen der Familie des Vaters scheidet eine Übertragung der elterlichen Sorge aus, wenn der Vater die Tötung billigt und kein Einfühlungsvermögen für das traumatisierte Kind erkennen lässt (OLG Hamm, Beschluss v. 19.9.2007, 5 UF 57/07; bestätigt von BVerfG, Beschluss v. 12.12.2007, 1 BvR 2697/07).
Rz. 47
Über die genannte Auffangfunktion hinaus haben die rechtlichen Väter keine Möglichkeit, gegen den Willen der Mutter die elterliche Sorge auszuüben (OLG München, Beschluss v. 27.9.2006, 4 UF 328/06; zum Sonderfall Adoption vgl. Rz. 33). Das Gesetz sieht grundsätzlich keine Ersetzung der Sorgeerklärung der Mutter vor, selbst wenn aus Gründen des Kindeswohls eine gemeinsame Wahrnehmung elterlicher Sorge geboten ist. Diese Rechtslage ist nach jetzigem Erkenntnisstand der soziologischen Verhältnisse in Deutschland mit dem Grundgesetz vereinbar (BVerfG, Urteil v. 29.1.2003, 1 BvL 20/99; BGH, Beschluss v. 15.11.2007, XII ZB 136/04). Der Gesetzgeber könne auch heutzutage nicht generell davon ausgehen, dass nicht miteinander verheiratete Eltern gemeinsam für das Kind Verantwortung ausüben wollen und dazu in der Lage seien. Nichteheliche Kinder würden vielmehr in eine Vielzahl familiärer Konstellationen hineingeboren. Die Mutter sei deshalb die einzige sichere Bezugsperson, die das Kind bei der Geburt vorfinde. Dies rechtfertige die alleinige Zuweisung der e...