Rz. 60

Nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB haften für den Unterhalt des minderjährigen Kindes mehrere gleich nahe Verwandte anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Die Eltern oder alle Großeltern haften daher nicht als Gesamtschuldner auf den gesamten Unterhaltsbetrag (§ 421 BGB), sondern jeder für seinen Anteil (§ 420 BGB). Das hat prozessual erhebliche Auswirkungen, da das Kind, soweit es einen Elternteil oder einen Großelternteil in Anspruch nimmt, darzulegen hat, warum der andere Elternteil oder ein anderer Großelternteil unterhaltsrechtlich nicht in Anspruch genommen werden kann (vgl. die Auskunftsansprüche nach § 1605 BGB; Rz. 56 ff.). Angaben zu einer fiktiven Leistungsfähigkeit oder zu einer ausnahmsweisen Inanspruchnahme des betreuenden Elternteils sind aber nicht erforderlich. Dies obliegt dem Unterhaltsschuldner (Brudermüller, in: Palandt, BGB, § 1606 Rz. 20; Klein, in: Weinreich/Klein, FamR, § 1606 Rz. 41, 42; OLG Frankfurt, Urteil v. 11.8.1992, 3 UF 51/92; BGH, Urteil v. 2.7.1980, IVb ZR 519/80).

 

Rz. 61

Für das Verhältnis der Eltern zueinander gelten folgende Besonderheiten:

  • Erbringen beide Elternteile Pflege- und Erziehungsleistungen, die über das Maß üblicher Umgangskontakte hinausgehen, ist zu unterscheiden: Liegt das Schwergewicht der persönlichen Betreuung gleichwohl bei einem Elternteil, entfällt für diesen vollständig die Barunterhaltspflicht, die vollständig der andere Elternteil zu tragen hat (BGH, Urteil v. 28.2.2007, XII ZR 161/04). Für die Beurteilung, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung trägt, sind alle Umstände zu bewerten, wobei aber dem Zeitmoment eine indizielle Bedeutung zukommt (BGH, Urteil v. 28.2.2007, XII ZR 161/04; BGH, Urteil v. 21.12.2005, XII ZR 126/03). Vollziehen die Eltern dagegen ein Wechselmodell (vgl. dazu § 17 Rz. 43), in dessen Rahmen jeder zu ungefähr gleichen Teilen Pflege- und Erziehungsleistungen erbringt, so ist jeder Elternteil anteilig barunterhaltspflichtig. Der Bedarf des Kindes richtet sich nach den zusammengerechneten Einkünften der Eltern unter Berücksichtigung der Mehrkosten, die durch die Betreuung des Kindes in getrennten Haushalten entstehen (BGH, Urteil v. 21.12.2005, XII ZR 126/03).

    Letzteres gilt entsprechend, wenn beide Eltern das Kind nicht erziehen und pflegen, weil es sich in einem Internat, bei Großeltern oder in einer Pflegefamilie befindet (Diederichsen, in: Palandt, BGB, § 1606 Rz. 14).

 

Rz. 62

  • Sorgt ein Elternteil allein für die tatsächliche Betreuung des minderjährigen Kindes, erfüllt er damit seine Verpflichtung, zum Unterhalt beizutragen (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Daneben besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Leistung eines Barunterhaltes. Das gilt aber nur für den Elementarunterhalt. An dem regelmäßigen Mehrbedarf sowie am Sonderbedarf muss sich auch der betreuende Elternteil entsprechend seiner Leistungsfähigkeit beteiligen (OLG Düsseldorf, Urteil v. 8.7.2005, 3 UF 21/05; vgl. Rz. 31 ff.).
 

Rz. 63

  • Die Gleichwertigkeit von Betreuungs- und Barunterhalt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) kann zu einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht der Eltern führen, wenn der betreuende Elternteil über ein eigenes erhebliches Einkommen verfügt. Ein solches wirtschaftliches Ungleichgewicht rechtfertigt es, den betreuenden Elternteil zusätzlich am Barunterhalt zu beteiligen. Voraussetzungen für die Annahme eines Ungleichgewichts ist ein Einkommen des betreuenden Elternteils, dass 2- bis 3-mal so hoch ist wie das des barunterhaltspflichtigen Elternteils (BGH, Urteil v. 18.10.2000, XII ZR 191/98; BGH, Urteil v. 26.10.1983, IVb ZR 13/82).

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