Rz. 87

Die Gesetzesentwicklung zu § 1615l BGB ist 2007 rasant verlaufen. Zunächst entschied das BVerfG, dass die unterschiedliche Regelung der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder mit Art. 6 Abs. 5 GG unvereinbar ist. Die nacheheliche Solidarität bei geschiedenen Ehegatten im Gegensatz zu nicht miteinander verheirateten Eltern rechtfertige es nicht, dem Elternteil eines nichtehelichen Kindes nur bis zu dessen 3. Lebensjahr einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt zu gewähren, während dem Elternteil eines ehelichen Kindes weit längerreichender Unterhaltsanspruch wegen der Kinderbetreuung zuerkannt wird. Das BVerfG verpflichtete deshalb den Gesetzgeber, bis zum 31.12.2008 eine Art. 6 Abs. 5 GG genügende Regelung zu treffen. Erforderlich sei es, einen gleichen Maßstab zur Dauer des wegen Kinderbetreuung zu gewährenden Unterhalts zu entwickeln (BVerfG, Beschluss v. 28.2.2007, 1 BvL 9/04).

Der Gesetzgeber hat auf die Verpflichtung des BVerfG mit dem zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 9.11.2007 reagiert. Nunmehr besteht ein einheitlicher zeitlicher Maßstab für Unterhaltsansprüche wegen der Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder (einerseits § 1570 Abs. 1 BGB und andererseits § 1615 l Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BGB).

Im Einzelnen:

2.4.2.1 Unterhaltsverpflichteter

 

Rz. 88

Unterhaltsverpflichteter ist der mit der Mutter nicht verheiratete (§ 1615a BGB) Vater des Kindes. Vater ist der Mann, der die Vaterschaft wirksam anerkannt hat oder der als Vater gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 Nr. 2 und Nr. 3 BGB – rechtliche Vaterschaft). Für die Anwendung des § 1615l BGB reicht es aber aus, wenn der in Anspruch genommene Mann zwar nicht als rechtlicher Vater festgestellt ist, aber die Vaterschaft nicht bestreitet (OLG Düsseldorf, Urteil v. 9.9.1994, 3 UF 41/94; OLG Zweibrücken, Urteil v. 5.8.1997, 5 UF 126/96; Diederichsen, in: Palandt, BGB, § 1615 l Rz. 3; a. A. OLG Hamm, Urteil v. 3.10.1988, 6 UF 107/88). §§ 1594 Abs. 1, 1600d Abs. 4 BGB stehen dem nicht entgegen, da nicht der Status des Kindes in Frage steht, sondern die wirtschaftliche Existenz der Mutter gesichert werden soll.

2.4.2.2 Unterhaltstatbestände

 

Rz. 89

Nach § 1615 l Abs. 1 BGB hat der Vater für die Dauer von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt der Mutter Unterhalt zu gewähren, einschließlich der Kosten der Schwangerschaft und Entbindung, die außerhalb dieses Zeitraums entstehen.

 

Rz. 90

Über den Zeitraum des Abs. 1 hinausgehend hat der Vater der Mutter Unterhalt zu gewähren, soweit diese aufgrund einer durch die Schwangerschaft oder Entbindung verursachten Erkrankung einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann (§ 1615l Abs. 2 Satz 1 BGB). Dieser Unterhaltsanspruch ist begrenzt für einen Zeitraum von 4 Monaten vor bis 3 Jahre nach der Geburt (§ 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB).

 

Rz. 91

Schließlich hat der Vater Unterhalt zu gewähren, soweit von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann (§ 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB). Mit diesem Unterhaltstatbestand hat der Gesetzgeber einen Anspruch geschaffen, der mit dem Anspruch einer Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1570 BGB im Wesentlichen vergleichbar ist. Durch die Erweiterung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt soll der Vater mehr in die Verantwortung dafür einbezogen werden, dass seine Kinder von der Mutter persönlich betreut werden können, was durch die Unterhaltsgewährung sichergestellt wird. Die Mutter soll das Kind pflegen und erziehen können, ohne auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein (BGH, Urteil v. 1.12.2004, XII ZR 3/03).

 

Rz. 92

Parallel zur Regelung § 1570 BGB wird der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB mindestens für einen Zeitraum von 3 Jahren nach der Geburt gewährt (§ 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB). Damit knüpft das Unterhaltsrecht an sozialstaatliche Leistungen, insbesondere den Anspruch des Kindes auf Gewährung eines Kindergartenplatzes an (§ 24 Abs. 1; Born, NJW 2008 S. 1, 3). Die Unterhaltspflicht verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB). Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1615l Abs. 2 Satz 4 BGB). Das ist auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zur alten Fassung des § 1615l Abs. 2 BGB anzunehmen, wenn das Kind aufgrund einer Behinderung oder Erkrankung auf eine Dauerbetreuung angewiesen ist (BT-Drs. 13/4899 S. 89 f.), sich der psychiatrische Zustand der Mutter bei Ausübung einer Ganztagstätigkeit zulasten des Kindes verschlechtern würde (OLG Schleswig, Urteil v. 29.12.2003, 15 UF 198/02) oder das Kind unter der Trennung der Eltern besonders leidet und deshalb der persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (Born, NJW 2008, S. 1, 3). Zudem dürften Schwierigkeiten, eine Stelle zu finden, die sich mit der Kinderbetreuung vereinbaren lässt, ausreichen, um den Unterhaltsanspruch zu verlängern (a. A. zur alten Fassung des § 1615 l Abs. 2 BGB, der eine Verlängerung nu...

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