Rz. 89

Nach § 1615 l Abs. 1 BGB hat der Vater für die Dauer von 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt der Mutter Unterhalt zu gewähren, einschließlich der Kosten der Schwangerschaft und Entbindung, die außerhalb dieses Zeitraums entstehen.

 

Rz. 90

Über den Zeitraum des Abs. 1 hinausgehend hat der Vater der Mutter Unterhalt zu gewähren, soweit diese aufgrund einer durch die Schwangerschaft oder Entbindung verursachten Erkrankung einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann (§ 1615l Abs. 2 Satz 1 BGB). Dieser Unterhaltsanspruch ist begrenzt für einen Zeitraum von 4 Monaten vor bis 3 Jahre nach der Geburt (§ 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB).

 

Rz. 91

Schließlich hat der Vater Unterhalt zu gewähren, soweit von der Mutter wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann (§ 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB). Mit diesem Unterhaltstatbestand hat der Gesetzgeber einen Anspruch geschaffen, der mit dem Anspruch einer Ehefrau auf nachehelichen Unterhalt gemäß § 1570 BGB im Wesentlichen vergleichbar ist. Durch die Erweiterung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt soll der Vater mehr in die Verantwortung dafür einbezogen werden, dass seine Kinder von der Mutter persönlich betreut werden können, was durch die Unterhaltsgewährung sichergestellt wird. Die Mutter soll das Kind pflegen und erziehen können, ohne auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein (BGH, Urteil v. 1.12.2004, XII ZR 3/03).

 

Rz. 92

Parallel zur Regelung § 1570 BGB wird der Anspruch aus § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB mindestens für einen Zeitraum von 3 Jahren nach der Geburt gewährt (§ 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB). Damit knüpft das Unterhaltsrecht an sozialstaatliche Leistungen, insbesondere den Anspruch des Kindes auf Gewährung eines Kindergartenplatzes an (§ 24 Abs. 1; Born, NJW 2008 S. 1, 3). Die Unterhaltspflicht verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB). Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen (§ 1615l Abs. 2 Satz 4 BGB). Das ist auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zur alten Fassung des § 1615l Abs. 2 BGB anzunehmen, wenn das Kind aufgrund einer Behinderung oder Erkrankung auf eine Dauerbetreuung angewiesen ist (BT-Drs. 13/4899 S. 89 f.), sich der psychiatrische Zustand der Mutter bei Ausübung einer Ganztagstätigkeit zulasten des Kindes verschlechtern würde (OLG Schleswig, Urteil v. 29.12.2003, 15 UF 198/02) oder das Kind unter der Trennung der Eltern besonders leidet und deshalb der persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf (Born, NJW 2008, S. 1, 3). Zudem dürften Schwierigkeiten, eine Stelle zu finden, die sich mit der Kinderbetreuung vereinbaren lässt, ausreichen, um den Unterhaltsanspruch zu verlängern (a. A. zur alten Fassung des § 1615 l Abs. 2 BGB, der eine Verlängerung nur unter der Voraussetzung der "groben Unbilligkeit" vorsah, OLG Nürnberg, Urteil v. 7.10.2002, 10 UF 1677/02).

 

Rz. 93

Diese Rechtslage unterscheidet sich nicht mehr von den Erwerbsobliegenheiten eines geschiedenen Elternteils im Rahmen seines Unterhaltsanspruches nach § 1570 Abs. 1 BGB. Die Rechtsprechung des BGH, wonach es der Mutter i. d. R. vor Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes nicht zumutbar war, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen (BGH, Urteil v. 30.11.1994, XII ZR 226/93), ist mit der Gesetzesänderung obsolet.

Damit ist die lang andauernde Diskussion um eine verfassungskonforme Auslegung und Anpassung des § 1615 l BGB (BVerfG, Beschluss v. 4.2.2004, 1 BvR 1751/02 sowie BVerfG, Beschluss v. 4.2.2004, 1 BvR 596/03; BGH, Urteil v. 1.12.2004, XII ZR 3/03; Schwab, FamRZ 1997 S. 521, 525; Müller, DAVorm 2000 S. 829) beendet.

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