Rz. 133
Angesichts fehlender effektiver rechtlicher Ansätze, im Interesse des Kindes Umgangskontakte insbesondere zu einem Elternteil sicherzustellen, ist die Konfliktlösung durch die Träger der Jugendhilfe von großer Bedeutung, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen (Tillmanns, in: Münchener-Kommentar, BGB, § 18 SGB VIII Rz. 12; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 18 Rz. 16).
Rz. 134
Dem entspricht die Einbeziehung der Träger der Jugendhilfe in § 162 FamFG. Im Rahmen von Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, also insbesondere zum Sorge- und Umgangsrechtsverfahren, sind die Beteiligten möglichst frühzeitig anzuhören und auf das Beratungsangebot der Beratungsstellen und Beratungsdienste der Träger der Jugendhilfe hinzuweisen. Sind die Eltern bereit, das Beratungsangebot wahrzunehmen, oder besteht nach Überzeugung des Gerichts die Aussicht, die Beteiligten könnten sich im Rahmen einer Beratung einigen, kann das Verfahren ausgesetzt werden (§§ 21, 155 FamFG).
Rz. 135
Weitergehend werden die Träger der Jugendhilfe einbezogen, wenn ein Vermittlungsverfahren nach § 165 FamFG eingeleitet wird, weil ein Elternteil geltend macht, der andere Elternteil vereitele oder erschwere die Durchführung einer gerichtlichen Verfügung über den Umgang. In dem alsbald einzuberufenen Vermittlungstermin (§ 165 FamFG) hat das Familiengericht die Eltern auf die Beratungsmöglichkeiten der Träger der Jugendhilfe hinzuweisen (§ 156 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Die Inanspruchnahme des Beratungsangebots ist aber keine Voraussetzung für die Durchführung des Vermittlungsverfahrens (OLG Hamm, Beschluss v. 2.9.1998, 8 UF 346/98; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 18 Rz. 39).
Rz. 136
Die Beratung ist darauf ausgerichtet, Anregungen für die Entscheidungsfindung der Beteiligten und praktische Hinweise zu geben. Die Unterstützung umfasst zusätzlich eine aktive Vermittlung zwischen den entgegengesetzten Interessen und die Schlichtung von Konflikten. Ziel ist es, die für das Kind wichtigen sozialen Bindungen und Beziehungen zu dem Umgangsberechtigten zu erhalten und zu entwickeln (Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 18 Rz. 17; Fischer, in: Schellhorn u. a., SGB VIII, § 18 Rz. 22). Dafür muss die Beratung die unterschiedlichen Interessenlagen kommunizieren, Verweigerungshaltungen aufbrechen und Streit schlichten. Sie setzt daher eine Qualifikation zur Beratung in hochkomplexen Beziehungen voraus und erfordert eine familientherapeutische Orientierung (Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 18 Rz. 18).
Rz. 137
Diese Qualifikation ist von besonderer Bedeutung, wenn sich die Eltern nicht von sich aus an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe wenden, sondern ihnen quasi eine Zwangsberatung auferlegt wird. Nach §§ 21, 155, 156 FamFG kann das Familiengericht ein Umgangsverfahren aussetzen, wenn zwar keine Beratungsbereitschaft der Eltern vorhanden ist, aber nach der freien Überzeugung des Gerichts Aussicht auf eine einvernehmliche Regelung besteht. Zwar kann mit der Aussetzung des Verfahrens kein Elternteil gezwungen werden, eine Beratungsstelle aufzusuchen. Die Verweigerungshaltung eines Elternteils wird aber als Indiz für eine nicht sachgerechte Wahrnehmung elterlicher Sorge und damit fehlender Erziehungseignung angesehen (OLG Zweibrücken, FamRZ 2000 S. 624; Tillmanns, in: Münchener-Kommentar, BGB, § 17 SGB VIII Rz. 4). In dieser Situation stellt die Beratung und Unterstützung besondere Anforderungen an die Fachlichkeit, da einerseits zunächst das Interesse der Beteiligten an einer Zusammenarbeit geweckt werden muss, während andererseits das Verfahren im Kindesinteresse unter einem Zeitdruck steht (Struck, in: Wiesner, SGB VIII, § 18 Rz. 38). Dieser Druck wird von der Beratung und Unterstützung nach § 18 Abs. 3 genommen, wenn das Familiengericht eine einstweilige Anordnung nach § 156 Abs. 3 FamFG zur vorübergehenden Regelung des Umgangsrechts trifft. Gegebenenfalls kann der Träger öffentlicher Jugendhilfe den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen seiner Beteiligung nach § 162 FamFG anregen (vgl. § 50 Abs. 3).