2.1 Leistungen und andere Aufgaben
Rz. 3
Während zuvor im RJWG und im JWG die Aufgaben der Jugendwohlfahrt nach bedingten Pflichtaufgaben und Pflichtaufgaben sowie nach den Aufgaben der Jugendfürsorge und der Jugendpflege differenziert wurden, stellt § 2 unter den Aufgaben der Jugendhilfe die Sozialleistungen in den Vordergrund. Sie werden als "Leistungen" bezeichnet und in Abs. 2 aufgelistet. Sozialleistungen sind die in den einzelnen Büchern des SGB vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Die persönliche und erzieherische Hilfe gehört zu den Dienstleistungen (§ 1 SGB I). Die aus dem staatlichen Wächteramt erwachsenden Aufgaben zum Schutz des Kindeswohls werden als "andere Aufgaben" bezeichnet und in Abs. 3 aufgelistet. Sie stellen keine Sozialleistungen dar, sondern regeln staatliche Eingriffsbefugnisse, wenngleich dabei auch Aufgaben mit Dienstleistungscharakter geregelt sind. Aus systematischer Sicht handelt es sich um Aufgaben der Gefahrenabwehr, nämlich der Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl.
Rz. 4
Während die Leistungen von den öffentlichen und den freien Trägern der Jugendhilfe erbracht werden, sind die anderen Aufgaben den öffentlichen Trägern zugewiesen. Allerdings sind die Differenzierung und die Aufzählung nicht ganz stringent. Unter den "anderen Aufgaben" sind in Abs. 3 auch Leistungen aufgeführt, dazu zählt die Beratung nach Abs. 3 Nr. 7 und 9. Indes handelt es sich dabei nicht um Beratung über die Gewährung von Sozialleistungen i. S. d. § 14 Abs. 1 SGB I. Die Aufzählungen in Abs. 2 und 3 sind nur insoweit abschließend, als dort die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII aufgelistet werden. Daneben sehen andere Gesetze weitere Aufgaben des Jugendamtes vor, so z. B. als Rehabilitationsträger nach Maßgabe des SGB IX, im Rahmen der Beistandschaft nach §§ 1712 bis 1717 BGB sowie nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz und dem Unterhaltsvorschussgesetz.
2.2 Sozialleistungen
Rz. 5
Die eigentlichen Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind Sozialleistungen. Gemäß § 11 Satz 1 SGB I gehören dazu die in den einzelnen Büchern des SGB vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistungen. Sie sind Gegenstand der in §§ 2 bis 10 SGB I aufgeführten sozialen Rechte, zu denen nach § 8 SGB I die Kinder- und Jugendhilfe gehört. Die erzieherische Hilfe wird in § 11 Satz 2 SGB I unmittelbar nach der gesetzlichen Definition der Sozialleistungen ausdrücklich aufgeführt. Gemäß § 8 Satz 1 SGB I haben junge Menschen und Personensorgeberechtigte im Rahmen des SGB ein Recht, Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe in Anspruch zu nehmen.
2.3 Leistungen der Jugendhilfe
Rz. 6
In Absatz 2 Nr. 4 bis 6 werden verschiedene Hilfen benannt. Diese können unschwer als Sozialleistungen qualifiziert werden. In Abs. 2 Nr. 1 bis 3 sind hingegen Angebote aufgeführt. Hier ist die Zuordnung zu den Sozialleistungen zunächst fraglich. Während die gesetzlich normierten Hilfen gemäß § 8 Satz 1 SGB I ein subjektiv-öffentliches Recht des Hilfebedürftigen begründen, ist dies bei den Angeboten anders. Der Gesetzgeber normiert hier eine objektiv-rechtliche Verpflichtung, die der Konkretisierung bedarf. Als Angebot ist nicht das Vorhalten einer Einrichtung oder sonstiger personeller oder sächlicher Mittel zu sehen, sondern ein auf die konkrete Inanspruchnahme zugeschnittenes spezifiziertes und individualisiertes Leistungsangebot. Dieses stellt die Sozialleistung dar.
Rz. 7
Aus der Diktion der auf Abs. 2 beruhenden Einzelvorschriften geht eine weitere Differenzierung in der Individualität der Angebote und Hilfen hervor. Während in § 11, § 16, § 22 und § 23 Förderangebote normiert werden, regelt § 14 allgemeine Angebote. Die in § 13 und § 17 normierten Angebote sind weitergehend individualisiert. In den §§ 18 bis 21 und in § 25 sind Beratungs- und Unterstützungsleistungen normiert. Die in §§ 27 bis 41 benannten Hilfen sind weitgehend spezifiziert und individualisiert. Solche konkretisierten Förderungsangebote können sich zu klagbaren Ansprüchen verdichten (Kern, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 2 Rz. 17 und 28). Schließlich normiert § 24 Abs. 1 einen klar und eindeutig formulierten Rechtsanspruch der 3-jährigen Kinder auf den Besuch eines Kindergartens, obwohl in Abs. 2 Nr. 3 lediglich von einem Angebot die Rede ist. Im Einzelnen ist streitig, inwieweit aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 ein subjektiver Anspruch auf Zugang zu den in §§ 22 bis 25 genannten Einrichtungen abgeleitet werden kann (Neumann, in: Hauck/Noftz, § 2 Rz. 9; Mönch-Kalina, Der Rechtsanspruch auf den Besuch eines Kindergartens als soziales Leistungsrecht, Dissertation, Berlin 2000 S. 64; a. A.: VG Hamburg, Urteile v. 3.4.2001, 13 VG 2501/00, und v. 8.8.2001, 13 VG 386/2000).
Rz. 7a
Die Förderangebote können auch durch landesrechtliche Regelungen weiter konkretisiert werden. Dies ist in den § 15 für die Bereiche der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit, in § 16 Abs. 4 für die Förderung in der Familie und in § 26 für die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege ausdrücklich vorgesehen.
2.4 Teilhaberecht und subjektives Recht
Rz. 8
Bei den Förderangeboten...