Rz. 19
Wie bei den Tageseinrichtungen spricht auch bei der Kindertagespflege der Gesetzeswortlaut ausdrücklich von "Kindern". Gemäß der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Nr. 1 richtet sich also auch die Kindertagespflege an Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. In der Praxis hat sich allerdings überwiegend die Kindertagespflege in der Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres durchgesetzt. Dies liegt nicht zuletzt an der meist flächendeckenden Ausgestaltung der Kindergärten als Ganztagseinrichtung. Häufig wird Kindertagespflege aber auch ergänzend zum Angebot der Tageseinrichtungen außerhalb deren Öffnungszeiten in Anspruch genommen.
Rz. 20
Anders als noch § 23 a. F. spricht der Gesetzeswortlaut in § 22 nunmehr allerdings nicht mehr von einer Kindertagespflege "insbesondere in den ersten Lebensjahren". Damit ist ein wesentlicher Schritt zur gleichwertigen Berücksichtigung der Kindertagespflege neben der Betreuung in Tageseinrichtungen getan. Der Gesetzgeber signalisiert hier, dass sich das Angebot der Kindertagespflege auch als Alternative – oder auch Ergänzung – etwa zum Hort oder Kinderhaus versteht.
Rz. 21
Für die Kindertagespflege ist begrifflich die räumliche Abwesenheit des Personensorgeberechtigten nicht konstitutiv (so auch Lakies, in: FK-SGB VIII, § 22 Rz. 8). Denkbar ist vielmehr beispielsweise, dass es die Kindertagespflege dem Erziehungsberechtigten ermöglicht, im eigenen Haushalt einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, z. B. in Telearbeit. Auch bei Mehrlingsgeburten oder Erkrankung der Mutter bzw. des Erziehungsberechtigten kommt eine Kindertagespflege in Betracht.
Rz. 22
Es gibt unterschiedliche Arten von Kindertagespflege, die in ihren konkreten Ausprägungen auch zwischen den einzelnen Bundesländern differieren:
- Tagespflegefamilien nehmen ein bis 3 Kinder auf,
- Tagesgroßpflegestellen nehmen 4 bis 5 Kinder auf,
- Kurzzeitpflege bietet Betreuung nur über einen begrenzten Zeitraum, beispielsweise während der Schulferien oder der Ferien einer Tageseinrichtung,
- Betreuung erfolgt durch eine Kindertagespflegeperson im Haushalt der Erziehungsberechtigten.
Rz. 23
Erlaubnispflichtig ist die Kindertagespflege nur dann, wenn Kinder über Tag und Nacht (§ 44 Abs. 1 Satz 1) oder außerhalb ihrer Wohnung in anderen Räumen während des Tages mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt für länger als 3 Monate betreut werden (§ 43 Abs. 1). Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a SGB VII sind Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 SGB VIII oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert (vgl. zum Versicherungsschutz eines Begleitkindes, das während einer medizinischen Vorsorgeleistung der Mutter gemäß § 24 SGB V eine Kinderbetreuungseinrichtung i. S. v. § 22 SGB VIII besucht: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 17.5.2017, L 10 U 762/15, Rz. 27). Der Unfallversicherungsschutz eines Kindes nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a SGB VII setzt auch für Betreuungspersonen, die von Erziehungsberechtigten selbst gestellt werden, voraus, dass diese Betreuungspersonen beim zuständigen Jugendamt registriert sind; eine während der regelmäßig ganztägigen und unentgeltlichen Betreuung verunglückte Großmutter ist weder Beschäftigte noch – wegen der engen familiären Beziehung – sog. "Wie-Beschäftigte" gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 16.11.2016, L 6 U 58/14, Rz. 46 ff.).
Rz. 24
In Kindertagespflege können maximal 5 fremde Kinder von einer Kindertagespflegeperson betreut werden, § 43 Abs. 3.