Rz. 53
Satz 3 bestimmt, dass eine für Kinder oder Jugendliche erforderliche Leistung zur Anleitung und Begleitung im Bildungsbereich – in der Schule oder Hochschule – als Gruppenangebot erbracht werden kann. Ziel war eine Angleichung an die Regelungen, wie sie bereits in der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung oder drohender seelischer Behinderung nach § 35a Abs. 3 vorgesehen ist. Die Vorschrift verweist insoweit auf die Kapitel 3 bis 6 des Teils 2 des SGB IX und damit insbesondere auch auf Kapitel 5, der die einschlägigen Regelungen für die Leistungen zur Teilhabe an Bildung i. S. d. § 12 SGB IX erfasst (vgl. zur gesetzgeberischen Intention insoweit: BR-Drs. 5/21 S. 78 = BT-Drs. 19/26107 S. 82). Auf die Kommentierung zu § 35a kann insoweit verwiesen werden.
Rz. 54
Vorbild ist insoweit die einschlägige Vorschrift aus dem Recht der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im SGB IX nach § 112 Abs. 4 SGB IX, der auch hier das sog. "Pooling" (zum Begriff Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., Stand: 13.11.2020, § 112 Rz. 75) regelt (soweit in der Gesetzesbegründung auf § 12 Abs. 4 SGB IX verwiesen wird, handelt es sich um ein Redaktionsversehen; vgl. insoweit BR-Drs. 5/21 S. 78 = BT-Drs. 19/26107 S. 82).
2.4.3.1 Leistung zur Anleitung und Begleitung im Bildungsbereich
Rz. 55
Allgemeine Voraussetzung ist zunächst der erzieherische Bedarf, also eine Mangellage i. S.e. Erziehungsgefährdung (vgl. oben unter Rz. 23 ff. – Erziehungsgefährdung – erzieherischer Bedarf – Mangellage), der bei dem jeweiligen Kind bzw. dem jeweiligen Jugendlichen gesondert festzustellen ist.
Rz. 56
Der erzieherische Bedarf muss dabei in der Schule oder Hochschule auftreten, also im Bildungsbereich.
Rz. 57
Verfahrensrechtlich ist auf die Möglichkeit der Einbeziehung der Schule in die Hilfeplanung nach § 36 Abs. 3 Satz 1 zu verweisen (so auch der Gesetzesentwurf: BR-Drs. 5/21 S. 78 = BT-Drs. 19/26107 S. 82).
Rz. 58
In der Rechtsfolge muss die Leistung zur Anleitung und Begleitung im Bildungsbereich geeignet und erforderlich sein, den erzieherischen Bedarf auszugleichen. Leistungen zur Anleitung und Begleitung im Bildungsbereich (Schule oder Hochschule) richten sich nach § 112 Abs. 4 SGB IX (soweit in der Gesetzesbegründung von § 12 Abs. 4 SGB IX die Rede ist, handelt es sich um ein Redaktionsversehen, vgl. insoweit BR-Drs. 5/21 S. 78 = BT-Drs. 19/26107 S. 82). § 112 Abs. 4 SGB IX sieht insoweit vor, dass die in der Schule oder Hochschule wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung an mehrere Leistungsberechtigte gemeinsam erbracht werden kann.
2.4.3.2 Leistungserbringung in Form des Gruppenangebots = Pooling
Rz. 59
Diese in § 112 Abs. 4 SGB IX vorgesehene gemeinsame Erbringung – sog. Pooling – an mehrere Leistungsberechtigte sieht nunmehr auch ausdrücklich Satz 3 vor und betitelt diese Form der Leistungserbringung als Gruppenangebot.
Rz. 60
Spezielle Voraussetzung für das Gruppenangebot ist, dass es dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht. Eine gemeinsame Inanspruchnahme muss daher dem individuellen Bedarf des jungen Menschen entsprechen (vgl. so ausdrücklich auch die gesetzgeberischen Erwägungen: BR-Drs. 5/21 S. 78 = BT-Drs. 19/26107 S. 82).
Rz. 61
Aus dem Gesetz und auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich zwar nicht unmittelbar, wann diese Voraussetzung zu bejahen ist. Hierbei ist aber zur Ausfüllung des Tatbestandsmerkmals auf die einschlägige Voraussetzung des § 112 Abs. 4 SGB IX zurückzugreifen. Danach ist ein Pooling zulässig, soweit dies nach § 104 SGB IX für die Leistungsberechtigten zumutbar ist. Das durch § 104 SGB IX konturierte Zumutbarkeitskriterium ist daher auch im Anwendungsbereich des § 27 Abs. 3 Satz 3 heranzuziehen (auf die Kommentierung zu §§ 112, 104 SGB IX kann insoweit verwiesen werden).