2.1 Unterstützungsanspruch durch Erziehungsberatungsstellen (Satz 1)
Rz. 4
Satz 1 sieht vor, dass Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen sollen. Erziehungsberatung nach § 28 ist als Leistungsanspruch ausgebildet. Die Anspruchsinhaber haben hierauf einen Rechtsanspruch. Soweit nach dem Gesetzeswortlaut Erziehungsberatung gewährt werden "soll", bezieht sich das "Sollen" allein auf die Aufgabenbeschreibung und ändert nichts an dem eingeräumten Beurteilungsspielraum, den der Jugendhilfeträger hinsichtlich der zu gewährenden Hilfeart besitzt; die Soll-Formulierung in der Vorschrift ist auf die Aufgabe der Erziehungsberatung bezogen, sie kennzeichnet jedoch das Angebot nicht als Soll-Leistung (so zutreffend Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 06/2021, Werkstand: 2023, § 28 SGB VIII, Rz. 4; Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 28 Rz. 20; vgl. zum eingeräumten Beurteilungsspielraum auch die Komm. zu § 27). Die gerichtliche Kontrolldichte ist daher eingeschränkt insbesondere bei der Frage, ob Erziehungsberatung die im Einzelfall geeignete und notwendige Hilfe zur Bewältigung der defizitären Lage ist (Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 28 Rz. 19).
2.1.1 Leistungsberechtigte – Anspruchsinhaber
Rz. 5
Leistungsberechtigte also Anspruchsinhaber einer Hilfe zur Erziehung ist aber nach § 27 Abs. 1 ausschließlich der Personensorgeberechtigte. Dieser muss die Erziehungsberatung beantragen (vgl. zum Antragserfordernis Komm. zu § 27). Kinder und Jugendliche und andere Erziehungsberechtigte werden zwar in § 28 genannt, besitzen aber keinen eigenständigen Anspruch auf Erziehungsberatung. Insoweit ist die Formulierung des Gesetzestexts irreführend (Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 28 Rz. 23). Die Begriffe sind im Einzelnen in § 7 gesetzlich definiert. Personensorgeberechtigte Person ist gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 diejenige, der allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht. Die Pflicht und das Recht der elterlichen Sorge (§ 1626 BGB) umfasst gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 2, 1. Variante BGB die Personensorge und damit gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB die Vertretung des Kindes. Regelmäßig anspruchsberechtigt sind daher die leiblichen Eltern, wie § 28 Satz 1 auch ausdrücklich klarstellt. Ist den leiblichen Eltern jedoch die elterliche Sorge familiengerichtlich komplett oder teilweise entzogen und auf einen Vormund bzw. einen Pfleger übertragen, so steht das Recht auf Hilfe nicht mehr den Eltern, sondern dem Vormund bzw. dem Pfleger zu. Diesen Personen steht dann als Personensorgeberechtigte der Anspruch zu. Leistungsberechtigt sind daneben nach § 41 Abs. 1 auch junge Volljährige, da § 41 Abs. 2 ausdrücklich auch auf § 28 Bezug nimmt.
2.1.2 Leistungsempfänger
Rz. 6
Die von der Vorschrift weiter aufgeführten Adressaten sind daher lediglich Hilfe- bzw. Leistungsempfänger, diesen kommt die Hilfe zugute; ihnen selbst steht aber keine Anspruchsinhaberschaft zu. Kinder und Jugendliche sowie lediglich Erziehungsberechtigte sind daher auch nicht in einem Gerichtsprozess aktivlegitimiert. Die Begriffe – Kind, Jugendlicher und Erziehungsberechtigter – sind ebenfalls im Einzelnen in § 7 gesetzlich definiert. Nach der Legaldefinition des § 7 Abs. 1 Nr. 6 ist eine Person als erziehungsberechtigte Person anzusehen, wenn sie aufgrund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnehmen. Hierzu wird man etwa im Haushalt lebende Verwandte, Stiefelternteile oder Pflegeeltern zählen können. Ohne Antrag oder gegen den Willen des Personensorgeberechtigten ist eine Hilfe jedoch nicht rechtmäßig (vgl. zum Antragserfordernis die Komm. zu § 27). Pflegeeltern haben unabhängig vom Antrag der Personensorgeberechtigten einen Beratungsanspruch auch nach § 37 Abs. 2. § 8 Abs. 3 räumt darüber hinaus Kindern und Jugendlichen im Übrigen einen eigenständigen Beratungsanspruch ein, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde.
2.1.3 Anspruchsvoraussetzungen im allgemeinen
Rz. 7
Nach Satz 1 sollen Erziehungsberatungsstellen und andere Beratungsdienste und -einrichtungen Kinder, Jugendliche, Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme und der zugrunde liegenden Faktoren, bei der Lösung von Erziehungsfragen sowie bei Trennung und Scheidung unterstützen. Wie in allen anderen Fälle der regelbeispielhaft aufgeführten Hilfen nach §§ 28 bis 35 finden sich die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs ausschließlich in § 27 Abs. 1. Die Grundvoraussetzungen des § 27 Abs. 1 müssen erfüllt sein; insbesondere darf daher die Erz...