Rz. 6
Hilfeempfänger sind ältere Kinder und Jugendliche. Mit Ausnahme von § 35, der sich ausdrücklich nur auf Jugendliche bezieht, besitzt § 29 hinsichtlich der in Betracht zu ziehenden Hilfeempfänger eine Sonderstellung, da hier ausdrücklich nur ältere Kinder angesprochen sind, während im Übrigen der Gesetzgeber bei den sonstigen in §§ 28 ff. geregelten Hilfearten keine solche Alterseinschränkung vornimmt und die Hilfeempfänger bei den übrigen Hilfearten auch auf Kinder allgemein erstreckt ist. Die Hilfe ist im Gegensatz zu anderen Hilfen der Erziehung deutlich individueller ausgestaltet und in erster Linie daher auf den gefährdeten Jugendlichen konzentriert. Nach dem Gesetzeswortlaut bezieht die Hilfe die Eltern und das sonstige engere soziale Umfeld nicht mit ein, was im Einzelfall jedoch nicht ausschließt, bei der Hilfeplanung auch familieninterne Zusammenhänge zu berücksichtigen, zumal verschiedene Hilfen zur Erziehung auch nebeneinander stehen und miteinander verzahnt werden können (vgl. die Komm. zu § 27).
Rz. 7
Der Begriff "Jugendlicher" ist in § 7 Abs. 1 Nr. 2 definiert. Die Altersspanne reicht vom 14. bis zum 18. Lebensjahr. Daneben soll die Hilfe auch älteren Kindern zukommen. Hier ist eine Mindestaltersgrenze gerade nicht formuliert worden; in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ist lediglich der Begriff "Kind" definiert; danach ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist. Eine (Alters-)Eingrenzung bei § 29 ist dabei immer eine Frage des Einzelfalls und ergibt sich aus der Art der Hilfe. Die Förderung von Defiziten durch Einbindung eines Kindes in ein gruppenpädagogisches Konzept setzt voraus, dass das betroffene Kind über einen ausreichenden Entwicklungsstand verfügt, um von einer Gruppenarbeit zu profitieren. Dies wird im Einzelfall auch von der konkreten Ausgestaltung der sozialen Gruppenarbeit abhängen. Im Regelfall dürfte man 12- bis 14-jährige Kinder mit sozialer Gruppenarbeit erreichen können, im Einzelfall durchaus auch bereits 10- oder 11-jährige Kinder (in der Literatur wird von sog. "Lückekindern" gesprochen, vgl. zum Begriff bei Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 08/2015, Werkstand: 2023, § 29 SGB VIII, Rz. 5, der im Einzelfall auch ein Alter von 9 Jahren noch ausreichen lässt). Das Ziehen einer festen Altersgrenze ist hingegen abzulehnen (so aber wohl Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 29 Rz. 16, die unter älteren Kindern offenbar generell Kinder ab dem Alter von etwa 10 bis 12 zählt). Die Hilfe ist aber auch für junge Volljährige möglich, die dann selbst Anspruchsinhaber sind, wie aus § 41 Abs. 2 folgt (vgl. auch Rz. 5 Anspruchsinhaber – Leistungsberechtigte). Erfasst hiervon werden also auch 18- bis 21-Jährige, in begründeten Einzelfällen ist Hilfe sogar bis zum 27. Lebensjahr zu gewähren, § 41 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 3. Anspruchsinhaber einer Hilfe nach §§ 41, 29 ist dann der junge Volljährige selbst (vgl. hierzu auch die Komm. zu § 41).