0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Das JWG enthielt keine § 3 entsprechende Grundsatzregelung. Doch entspricht die in Abs. 2 und 3 normierte Struktur der Aufgabenverteilung in der Jugendhilfe durchaus der bereits im JWG geregelten Aufgabenverteilung unter den Trägern. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 KJHG v. 26.6.1990 (BGBl. I S. 1163) zum 1.1.1991 eingeführt und ist seitdem unverändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
Absatz 1 benennt als Strukturprinzipien die Trägervielfalt und die Vielfalt der Inhalte und Methoden. Damit hat der Gesetzgeber die Pluralität der Jugendhilfe im Gesetz festgeschrieben und zugleich die Grundlage für die nachfolgende Differenzierung der Leistungen und der Leistungsträger in der Jugendhilfe gelegt. Absatz 2 stellt klar, dass die Aufgaben der Jugendhilfe durch die Träger der freien und der öffentlichen Jugendhilfe wahrgenommen werden. Dem steht nicht entgegen, dass das SGB VIII die privatgewerblichen Träger ebenfalls als Einrichtungs- und Leistungsträger ansieht. Die Regelungen der Rechtsbeziehungen der öffentlichen zu den privat-gewerblichen Trägern in §§ 78a bis 78g lassen erkennen, dass Letztere nicht als eigenständige Träger der Jugendhilfe anzusehen sind, sondern als Leistungserbringer für den öffentlichen Jugendhilfeträger tätig werden. Diese Konstruktion ähnelt der Leistungserbringung nach dem Sachleistungsprinzip im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Absatz 3 stellt klar, dass die "anderen Aufgaben" grundsätzlich von den öffentlichen Trägern und nur ausnahmsweise von freien Trägern wahrgenommen werden.
2 Rechtspraxis
2.1 Öffentliche Träger
Rz. 3
Die öffentlichen Träger sind in § 69 und in den ergänzenden Vorschriften des Landesrechts genau bezeichnet. Danach sind die Kreise und kreisfreien Städte örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Ihnen wird die Jugendhilfe als Selbstverwaltungsaufgabe zugewiesen. Die überörtlichen Träger der Jugendhilfe werden nach dem jeweiligen Landesrecht bestimmt. Die überwiegende Anzahl der Bundesländer nehmen diese Aufgaben selbst wahr. Lediglich Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben die Landeswohlfahrtverbände bzw. die Landschaftsverbände als überörtliche Jugendhilfeträger eingesetzt und ihnen die damit verbundenen Aufgaben als Selbstverwaltungsangelegenheiten zugewiesen. Nach Abs. 3 Satz 1 nehmen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die anderen Aufgaben der Jugendhilfe wahr, sie sind also gerade auch im Bereich der Eingriffsverwaltung tätig. Sie können jedoch freie Träger auch mit solchen Aufgaben der Eingriffsverwaltung beauftragen, bleiben jedoch für die Erfüllung der Aufgaben verantwortlich.
Rz. 4
Mit der seit einigen Jahren mehr und mehr geübten Praxis des "Outsorcing" öffentlicher Einrichtungen und deren Überführung in private Trägerschaft taucht verstärkt die Frage nach der Abgrenzung öffentlicher und privater Trägerschaft auf. Behält der öffentliche Träger bestimmenden Einfluss auf die Einrichtung, so ist diese nicht als gesonderter freier Träger anzusehen, auch wenn sie eigene Rechtspersönlichkeit innehat. Daher hat eine Kindertageseinrichtung einen kommunalen Träger auch dann, wenn sie von einer kommunalen Gesellschaft in privater Rechtsform betrieben wird (hier: GmbH), deren Alleingesellschafterin die Kommune ist (VG Gera, Urteil v. 27.3.2001, 6 K 218/98). Das BVerwG hat mit Urteil v. 22.10.2009, 5 C 16/08) diese Praxis als rechtmäßig angesehen, soweit rechtliche oder sonstige Gründe die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht unmöglich machen. Der öffentliche Träger bleibt verpflichtet, die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten.
2.2 Freie Träger
Rz. 5
Kinder- und Jugendhilfe war ursprünglich allein Aufgabe freier Träger. Insbesondere die Kirchen und deren Sozialeinrichtungen widmeten sich dieser Aufgabe. Erst im 19. Jahrhundert wurde nach und nach dieser Bereich – zunächst als Teil der Armenfürsorge – als staatliche Aufgabe begriffen. Anders als zuvor im RJWG und im JWG werden die freien Träger nicht mehr in verschiedene Gruppen eingeteilt. Es soll der Eindruck vermieden werden, dass ein abgeschlossener Kreis freier Träger vorgegeben werden solle. Dementsprechend hat SGB VIII bewusst auf eine Definition oder eine Umschreibung des Kreises der freien Träger verzichtet. Jedoch benennt § 75 die Voraussetzungen für die Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe. Dazu gehören als anerkannte Träger die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die auf Bundesebene zusammengeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrtspflegepflege (§ 75 Abs. 3). Ferner sind diejenigen juristischen Personen und Personenvereinigungen anerkennungsfähig, die auf dem Gebiet der Jugendhilfe tätig sind, gemeinnützige Ziele verfolgen, die fachlichen und personellen Voraussetzungen für die Erfüllung der Aufgaben mitbringen und die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit bieten. Die Vorschrift des § 74, welche die Voraussetzungen für die Förderung der freien Träger regelt, stellt ebenfalls darauf ab, dass diese gemeinnützige Ziele verfolgen (§ 74 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3). Hieraus folgt, dass der Gesetzgebe...