Rz. 20
Die Vorschrift stellt durch ihren Wortlaut klar, dass der Erziehungsbeistand eine bestimmte Person sein soll. Nicht geregelt ist dagegen, welche fachliche Qualifikation dieser haben muss. Die Regierungsbegründung (BT-Drs. 11/5948 S. 70) hebt hervor, dass sich in der Praxis die Erziehungsbeistandschaft durch pädagogisch fundiert arbeitende Fachkräfte freier oder öffentlicher Träger durchgesetzt hat. Für die Arbeit als Erziehungsbeistand oder Betreuungshelfer kommen daher regelmäßig nur Personen mit einer abgeschlossenen Ausbildung als Sozialpädagoge, Sozialarbeiter oder einem ähnlichen Beruf infrage. Besondere Berufserfahrung mit Jugendlichen und Kindern ist zu fordern. Auch die besonderen Anforderungen, welche Methodik und Zeitaufwand mit sich bringen, machen es erforderlich, dass regelmäßig nur hauptamtlich tätige Erziehungsbeistände zu bestellen sind (zur Sozialversicherungspflicht bzw. -freiheit der Tätigkeit als Erziehungsbeistand nach § 30 vgl. BSG, Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, mit Anm. in JAmt 2018 S. 59 und von Legde, in RSGb 2018 S. 770). Der Einsatz lediglich ehrenamtlicher Helfer kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht. Dies ergibt sich aus der Aufgabenstellung des Erziehungsbeistands, welche regelmäßig eine Fachausbildung erforderlich macht, aber auch aus dem erheblichen Zeitaufwand und der meist langen Laufzeit der Hilfe (so auch Fischer, in: Schellhorn u. a., SGB VIII, § 30 Rz. 10 m. w. N.; vgl. auch DIJuF, JAmt 2005 S. 15). Entsprechend qualifiziert sind vor allem Sozialarbeiter, aber auch Sozialpädagogen (so KGSt-Bericht 1975 S. 7). Zu Recht wird in der Praxis häufig thematisiert, dass ein Erziehungsbeistand nur eine überschaubare Anzahl von Kindern bzw. Jugendlichen gleichzeitig betreuen soll. Denn eine von Akzeptanz und Vertrauen getragene erfolgreiche Arbeit wird nur bei ausreichender Zeit möglich sein, zumal die Vorschrift neben der eigentlichen Arbeit mit dem Kind nach Möglichkeit auch noch den Einbezug des sozialen Umfeldes bzw. der Familie fordert. Soweit eine absolute Begrenzung auf eine Fallzahl von 20 bis 30 (KGSt-Bericht 7/1975; auf eine maximale Fallzahl von 25 stellt auch ab Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 12/2014, Werkstand: 2023, § 30 SGB VIII Rz. 11) Kindern bzw. Jugendlichen pro Erziehungsbeistand auch heute immer noch gefordert wird, die noch im Kontext des ordnungspolitischen JWG entstand, widerspricht dies dem Prinzip der Einzelbetreuung. Die Fallzahl, die ein Erziehungsbeistand im Einzelfall leisten kann, ist immer eine Frage des Einzelfalls und muss sich an der Lebenswelt des Kindes oder des Jugendlichen orientieren und die zu bewältigenden Entwicklungsproblemen in Bezug nehmen. Maßgeblich ist, ob das Kind oder der Jugendliche einer intensiven Einzelbetreuung bedarf, etwa in schwierigen Familienkonstellationen und oder -situationen oder ob die Konflikte eher durch Gruppenaktivitäten bewältigt werden können (vgl. etwa bei Kirchner, Neue Praxis 2010 S. 256, abrufbar unter https://www.sgbviii.de/files/SGB%20VIII/PDF/S58.pdf; hier Seite 19 – zuletzt abgerufen am 4.3.2020). Weiter erfordert eine allein berufliche Orientierung einen anderen zeitlichen Einsatz des Erziehungsbeistands als die Bewältigung einer schwierigen familiären Situation. Letztlich haben daher starre und schematische Fallzahlvorgaben nur geringe Aussagekraft, da der erzieherische Bedarf und damit auch der Betreuungsaufwand und die Betreuungsart im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfallen und sowohl intensive Einzelbetreuung als auch Gruppenarbeit umspannen kann. Hinzu kommen unterschiedlichste Organisationsformen und Qualifikationen der Erziehungsbeistände. Maßgeblich für die Anzahl der von einem Erziehungsbeistand betreuten Jugendlichen muss daher der konkret festzustellende erzieherische Bedarf der Jugendlichen und die jeweilige Zielsetzung der Hilfe sein. Diese darf durch übergroße Gruppenstärke nicht gefährdet werden (so auch Wiesner, SGB VIII, § 30 Rz. 10).
Rz. 21
Das Jugendamt kann die Hilfe nach dieser Vorschrift entweder selbst leisten oder einen freien Träger damit beauftragen. Die Hilfe kann auch in einem organisatorischen Verbund mit anderen Hilfen zur Erziehung – zur Erhöhung der Effizienz – erbracht werden. Insoweit besteht Organisationshoheit des Jugendamtes, vgl. auch § 69. Kritisch zu Honorarkräften DIJuF, JAmt 2005 S. 15.