Rz. 25
Der Gesetzgeber hat mit Satz 2 zwei grundlegende Aspekte der Sozialpädagogischen Familienhilfe gesondert geregelt und zwar die längerfristige Dauer der Hilfemaßnahme und die Erforderlichkeit der Mitarbeit der Familie.
2.2.1 Dauer der Sozialpädagogischen Familienhilfe
Rz. 26
Satz 2 HS 1 ordnet zunächst an, dass die Hilfe i. d. R. auf längere Dauer angelegt ist. Die Sozialpädagogische Familienhilfe zielt auf eine Verselbständigung des Familiengefüges ab und setzt insoweit eine langfristige Planung voraus (vgl. hierzu bereits oben unter Rz. 10 Ziele), da sich kurzfristig und durch den Einsatz des Familienhelfers nur akute Krisensituationen auffangen lassen. Langfristig soll jedoch die Fähigkeit erlernt werden, Erziehungsaufgaben, Alltagsprobleme usw. selbständig zu meistern. Dies setzt einen Bewusstwerdungs- und einen anschließenden Lernprozess voraus. Daher ist in Satz 2 auch vorgesehen, dass die Hilfe eine längere Laufzeit haben soll. Umfang und Dauer sind dem Hilfebedarf entsprechend im Einzelfall zu bestimmen.
Rz. 27
Der wöchentliche Hilfseinsatz durch den Familienhelfer ist von Satz 2 zwar nicht erfasst; beeinflusst aber die Intensität der Betreuung und damit letztlich auch die Dauer der Gesamtmaßnahme und muss daher auch im Kontext von Satz 2 HS 1 mit berücksichtigt werden. Die Bandbreite des wöchentlichen Hilfseinsatzes reicht von nur wenigen Stunden pro Woche bis hin zu einem Einsatz von teilweise über 20 Stunden (von einem Leistungsumfang zwischen 5 und 20 Wochenstunden geht auch aus Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 31 Rz. 44).
Rz. 28
Soweit Satz 2 das Merkmal "auf längere Dauer angelegt" regelt, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der voll gerichtlich überprüfbar ist. Der Gesamtbetreuungszeitraum richtet sich nach dem Umstand des Einzelfalls.
Rz. 29
Nach dem 14. Jugendbericht betrug die durchschnittliche Hilfedauer bei den 2010 beendeten Sozialpädagogischen Familienhilfen 15 Monate, wobei rund 50 % der Hilfen innerhalb von 12 Monaten beendet werden und lediglich 18,4 % über 2 Jahre liefen. Mit knapp 61 % wurden relativ viele Hilfen gemäß § 31 planmäßig beendet, was für eine vergleichsweise gute Wirksamkeit der Sozialpädagogischen Familienhilfe spricht (vgl. BT-Drs. 17/12200 S. 338). Der Hilfsumfang kann auch während der Laufzeit der Hilfe verändert werden, um etwa Belastungssituationen aufzufangen. Die Dauer wird letztlich auch von der Zielsetzung der Selbsthilfe begrenzt. Konnten die Ressourcen der Familie auch nach 2 Jahren nicht erfolgreich aktiviert werden, ist über andere geeignetere Hilfsformen nachzudenken (OVG Niedersachsen, Entscheidung v. 28.4.2010, 4 LA 332/08: Zweckverfehlung bei über 5-jähriger Dauer; vgl. auch Frings, in: LPK-SGB VIII, § 31 Rz. 10). Es verbietet sich allerdings eine feste Zeitgrenze für die Annahme der Zweckverfehlung zugrunde zu legen. Es kann daher auch nach Ablauf eines Zeitraums von 2 Jahren durchaus im Einzelfall sinnvoll sein, die Sozialpädagogische Familienhilfe auch weiter aufrecht zu erhalten (so aber offenbar Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 31 Rz. 44, die von einer Zweckverfehlung nach 2 Jahren auszugehen scheint; in Anlehnung an OVG Lüneburg, Entscheidung v. 28.4.2010, 4 LA 332/08). Es ist aber zutreffend, dass von einem Regelzeitraum von 1 1/2 bis 2 Jahren auszugehen ist (so etwa auch Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 08/2015, Werkstand: 2023, § 31 SGB VIII Rz. 8) und nach Ablauf einer solchen Zeitspanne die Ergebnisse zwingend zu evaluieren sind.
2.2.2 Pflicht zur familiären Mitarbeit
Rz. 30
Der Gesetzgeber hat mit Satz 2 HS 2 eine besondere Ausformung der "Geeignetheit" konturiert und besonderes angeordnet, dass die Mitarbeit der Familie erforderlich ist. Bei der Verpflichtung zur Mitwirkung handelt es sich nicht um eine Mitwirkungspflicht i. S. d. § 60 SGB I (Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 31 Rz. 22); die Weigerung ist nicht sanktionsbewehrt i. S. d. § 65 SGB I.
Rz. 31
Bei dieser gesetzgeberisch speziell angeordneten Mitwirkung handelt es sich letztlich nur um eine Klarstellung. Die Mitarbeit der Familie ist eine besondere Ausformung der Geeignetheit der Hilfeart "Sozialpädagogische Familienhilfe". Bei der Sozialpädagogischen Familienhilfe handelt es sich gerade um eine familienbezogene Leistung mit dem universellen und generellen Charakter. Verweigert daher die Familie – und insbesondere die Sorgeberechtigten, also regelmäßig die Eltern – die Mitarbeit, dann verspricht die Maßnahme regelmäßig keinen Erfolg und ist ungeeignet (so zutreffend auch Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 31 Rz. 21).
Rz. 32
Der Begriff der Mitarbeit ist anhand des Merkmals Geeignetheit auszulegen. Eine Mitarbeit, die der (Wieder)-Eingliederung des Kindes bzw. des Jugendlichen in die Familie zuwiderläuft und damit zunichte macht, steht daher einer Bewilligung der Hilfeart nach § 31 entgegen. Die konstruktive Mithilfe der Familie ist daher zwingend erforderlich; eine destruktive wirkende Mitarbeit steht der Sozialpädago...