2.1 Erziehung in einer Tagesgruppe nach Satz 1
2.1.1 Anspruchsinhaber
Rz. 4
Anspruchsinhaber der Hilfe sind die Personensorgeberechtigten. Personensorgeberechtigte ist gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 wem allein oder gemeinsam mit einer anderen Person nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Personensorge zusteht. Die Pflicht und das Recht der elterlichen Sorge (§ 1626 BGB) umfasst gemäß § 1626 Abs. 1 Satz 2, 1. Variante BGB die Personensorge und damit gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB die Vertretung des Kindes (vgl. die Komm. zu § 27 unter dem Abschnitt Personensorgeberechtigte). Anspruchsinhaber sind also regelmäßig die Eltern, ggf. ein Ergänzungspfleger oder ein (Amts-)Vormund. Für junge Volljährige ist die Erziehung in einer Tagesgruppe nicht vorgesehen; § 41 Abs. 2 verweist ausdrücklich gerade nicht auf § 32 (und auch nicht auf § 31).
2.1.2 Hilfeempfänger
Rz. 5
Die Hilfe kommt nach dem Gesetzeswortlaut nur Kindern und Jugendlichen zugute (vgl. zum Adressatenkreis auch Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 32 Rz. 18). Eltern sind allerdings begleitend in die Hilfsmaßnahme einzubeziehen. Die Zusammenarbeit mit den Eltern wird auch in § 37 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich betont, der anordnet, dass bei Hilfen nach §§ 32 bis 34 und § 35a Abs. 2 Nr. 3 und 4 darauf hingewirkt werden soll, dass die Pflegeperson oder die in der Einrichtung für die Erziehung verantwortlichen Personen und die Eltern zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zusammenarbeiten (vgl. auch Rz. 20 ff. zur Methodik)
2.1.3 Anspruchsvoraussetzungen
2.1.3.1 Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen
Rz. 6
Nach Satz 1 soll Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Die Grundvoraussetzungen des § 27 Abs. 1 müssen erfüllt sein; insbesondere darf daher die Erziehung nicht gewährleistet sein. Es muss sich dabei um Erziehungsdefizite handeln, die so gravierend sind, dass der Verbleib des Kindes oder Jugendlichen in der Familie zwar gefährdet ist, aber mit den Mitteln der Tagesgruppenerziehung noch gesichert werden kann (Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 32 Rz. 15). Wie bei allen anderen Hilfearten auch ist Kernvoraussetzung die Geeignetheit und Notwendigkeit der Maßnahme i. S. der in § 27 Abs. 1 aufgestellten Voraussetzungen mit Doppelfunktion. Die Geeignetheit ist daher nicht nur allgemein, sondern im Hinblick auf die konkrete Form der Hilfe zu überprüfen (BVerwG, Entscheidung v. 9.12.2014, 5 C 32/13 Rz. 19; Nellissen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 27 Rz. 54). Wie bei allen anderen Hilfearten auch besitzt der Jugendhilfeträger bei der Entscheidung darüber, welche Hilfeart im Einzelfall geeignet und notwendig ist, einen Beurteilungsspielraum, der nur eingeschränkt verwaltungsgerichtlich überprüfbar ist (vgl. hierzu näher die Komm. zu § 27 unter dem Abschnitt Hilfearten nach Abs. 2 – Beurteilungsspielraum). Die Soll-Formulierung in der Vorschrift ist auf die Aufgabenstellung der Hilfe bezogen, sie kennzeichnet jedoch die Hilfe nicht als Soll-Leistung (Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 12/2014, Werkstand: 2023, § 32 SGB VIII, Rz. 4). Sofern der Einsatz der Hilfe nach § 32 geeignet und notwendig ist, hat der Personensorgeberechtigte einen Rechtsanspruch konkret auf diese Hilfeart (Stähr, a. a. O., Rz. 4). Weiterhin ist auch ein Antrag – jedenfalls aber eine entsprechend bekundete Willenserklärung – erforderlich (vgl. hierzu die Komm. zu § 27 unter Abschnitt Antragserfordernis).
Rz. 7
Die Tagesgruppe ist i. d. R. dann das geeignetste Hilfeangebot, wenn der erzieherische Bedarf mit ambulanten Hilfen (z. B. Sozialpädagogische Familienhilfe) nicht mehr abgedeckt werden kann und mit ihrer Installation eine Heimunterbringung vermieden wird. Bei der Ermittlung der Geeignetheit spielen – wie bei jeder anderen Hilfeart nach § 27 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. §§ 28 bis 35 – die Entwicklungsziele eine besondere Bedeutung, wie z. B. Entwicklungsmöglichkeit des Kindes durch soziales Lernen in der Gruppe, Sicherung des Schulerfolgs und familienergänzende Unterstützung. Anlässe der Aufnahme in die Tagesgruppe sind daher überwiegend Probleme in der Schule (z. B. Lernstörungen) und in der Familie (z. B. Überforderung der Eltern bei Erziehungskonflikten); die persönliche und familiäre Situation des betroffenen Kindes oder des betroffenen Jugendlichen ist dabei durch eine besondere Problemdichte (komplexer Hilfebedarf) gekennzeichnet (so insg. zutreffend Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 12/2014, Werkstand: 2023, § 32 SGB VIII, Rz. 5). So kann z. B. bei Kindern mit sozialen, emotionalen und kognitiven Herausforderungen eine Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 geeignet sein, um diesen den Verbleib an der Regelschule zu ermöglichen (ein solcher Fall lag ein Eingruppierungsrechtsstreit einer Erzieherin beim BAG zugrunde, vgl. BAG, Urteil v. 14.10.2020, 4 AZR 252/19 Rz. 3).
Rz. 8
Da die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgrupp...