Rz. 41
Die Situation der Pflegekinder ist in einer Vielzahl der Fälle davon gekennzeichnet, dass ihr Sorgerechtsstatus und ihre soziale Zuordnung auseinanderfallen (so bereits die gesetzgeberischen Überlegungen, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 71. Der Gesetzgeber hat punktuell versucht, die spezielle Situation der Pflegekinder zu verbessern, etwa durch Schaffung der §§ 1630 Abs. 3, 1632 Abs. 4 BGB (auf diese beiden Möglichkeiten hatte der Gesetzgeber bereits ausdrücklich mit der Schaffung der Vorschrift verwiesen, vgl. BT-Drs. 11/5948 S. 71, der auch darauf hinwies, dass eine umfassende Regelung bis dato ausstand und auch betonte, dass aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen sowohl in der Herkunftsfamilie als auch in der Pflegefamilie es praktisch unmöglich war, unterhalb des Status eines Adoptivkinds einen eigenständigen Status des Pflegekinds zu schaffen, der den verschiedenen Konstellationen gerecht wird) oder des § 1688 BGB oder der Möglichkeit der Beteiligung von Pflegepersonen in familiengerichtlichen Verfahren (§ 161 FamFG). Flankiert wird § 1688 BGB darüber hinaus von § 38 – Vermittlung bei der Ausübung der Personensorge. § 38 ordnet an, dass das Jugendamt einzuschalten ist, wenn der Inhaber der Personensorge durch eine Erklärung nach § 1688 Abs. 3 Satz 1 BGB die Vertretungsmacht der Pflegeperson soweit einschränkt, dass eine förderliche Erziehung nicht mehr möglich ist oder sonstige Meinungsverschiedenheiten auftreten (vgl. Komm. zu § 38). Insbesondere § 1632 Abs. 4 BGB (Verbleibensantrag) wurde ins Gesetz eingefügt, um die neu entstandenen Bindungen eines Pflegekindes an seine Pflegeeltern notfalls auch gegen die Herkunftsfamilie zu schützen. Hintergrund sind die inzwischen unstreitigen Erkenntnisse der Bindungsforschung. Demnach kommt anerkanntermaßen eine Eltern-Kind-Bindung im täglichen Zusammenleben, aus der täglichen Befriedigung kindlicher Bedürfnisse nach Nahrung, Pflege, körperlichem und psychischem Kontakt zustande. Auf Seiten des neugeborenen Kindes besteht die Bereitschaft, die elementare Eltern-Kind-Bindung zu jedem Menschen herzustellen, der die Elternfunktion in dem hier umschriebenen Sinne übernimmt. Ein Kind ist dabei in keiner Weise auf seine leiblichen Eltern fixiert. Ein Abbruch dieser Beziehung in den ersten Lebensjahren kann jedoch die kindliche Entwicklung schädigen, indem sie dem Kind die Basis für seine Orientierung entzieht. Eine besondere Trennungsempfindlichkeit besteht für Kinder zwischen etwa 6 Monaten und 7 Jahren konstatiert, mit einer hochsensiblen Phase zwischen 6 Monaten und 3 Jahren. Eine Verbleibensanordnung zum Wohle des Kindes ist daher geboten, wenn dieses zur Zeit seiner Unterbringung noch nicht 3 Jahre alt war, nach maximal 12 Monaten Pflegedauer; zwischen 3 und 6 Jahren nach maximal 24 Monaten Pflegedauer, wobei eine gerichtliche Entscheidung regelmäßig die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens erfordert.