Rz. 58
Die Bestimmung von Aufgabe, Ziel und Personenkreis sowie Art der Leistungen richtet sich seit dem 1.1.2020 nach Kapitel 6 des Teils 1 SGB IX sowie § 90 und den Kapiteln 3 bis 6 des Teils 2 SGB IX, soweit diese Bestimmungen auch auf seelisch behinderte oder von einer solchen Behinderung bedrohte Personen Anwendung finden und sich aus diesem Buch nichts anderes ergibt. Nachdem der Gesetzgeber zum 1.1.2020 das gesamte Recht der Eingliederungshilfe als eigenständiges Leistungsgesetz nunmehr innerhalb des SGB IX geregelt hat, ist der Hinweis auf die Regelungen zur Eingliederungshilfe im SGB XII obsolet geworden. Die Regelungen in den §§ 53 bis 60 SGB XII sind ab dem 1.1.2020 ersatzlos entfallen. Inhaltlich hat sich durch die vornehmlich redaktionell zum 1.1.2020 geänderte Verweisungsregelung des Abs. 3 nichts verändert. Auf die bisher zu den Regelungen der Eingliederungshilfe nach den Vorschriften des SGB XII ergangenen Rechtsprechung kann daher zurückgegriffen werden. Der Hilfekatalog nach Abs. 3 ergänzt im Übrigen den Hilfekatalog aus § 35a Abs. 2.
Rz. 59
Durch Art. 26 Abs. 4 des Bundesteilhabegesetzes (BGBl. I 2016 S. 3234) ist des Weiteren die alte Eingliederungshilfe-Verordnung auf der Grundlage der ebenfalls zum 1.1.2020 entfallenden Verordnungsermächtigung nach § 60 SGB XII a. F. mit der Überführung des Leistungskatalogs der Eingliederungshilfe vom SGB XII in das SGB IX (hier ab § 109 SGB IX i. V. m. mit den jeweiligen weiteren Vorschriften des SGB IX – vgl. Teil 1 Kapitel 9 ff. – §§ 42 ff. SGB IX) zum 1.1.2020 außer Kraft gesetzt worden. Durch die insbesondere mit dem Bundesteilhabegesetz verfolgte Neuausrichtung der Eingliederungshilfe von einer überwiegend einrichtungszentrierten zu einer personenzentrierten Leistung blieb zwar der offene Leistungskatalog in der reformierten Eingliederungshilfe erhalten. Entgegen der bisherigen Systematik sind jedoch nunmehr alle Fachleistungen der Eingliederungshilfe in die Eingliederungshilfe – neu – aufgenommen, sodass Verweisungen auf andere Gesetze bzw. Konkretisierungen im Rahmen der Eingliederungshilfe-Verordnung entfallen können (vgl. zu den gesetzgeberischen Erwägungen im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen BT-Drs. 18/9522 S. 266 f.). Soweit die Eingliederungshilfe-Verordnung spezielle Leistungen vorsah und anhand von nicht abschließenden Regelbeispielen die denkbaren Hilfsangebote konkretisiert hat, kommen solche Leistungen auch und gerade heute noch im neuen Leistungsregime der §§ 109 ff. SGB IX in Betracht.
Rz. 60
Die ausdrückliche Verweisung auf die Anwendung von Kapitel 6 Abschnitt 1 Teil 1 des SGB IX bedingt, dass damit die Regelungen zum Persönlichen Budget nach § 29 SGB IX entsprechend zur Anwendung kommen (vgl. zu den gesetzgeberischen Erwägungen im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen BT-Drs. 18/9522 S. 149, 325), sodass die Leistungen der jugendhilferechtlichen Eingliederungshilfe auch als persönliches Budget geleistet werden können. Dies entspricht bereits der bis zum 31.12.2019 geltenden Rechtslage, da der Leistungsberechtigte bereits nach § 57 Satz 1 SGB XII a. F. auf Antrag Leistungen der Eingliederungshilfe auch als Teil eines Persönlichen Budgets erhalten konnten, wobei § 57 Satz 2 SGB XII ausdrücklich bereits die Anwendung des § 29 SGB IX (Persönliches Budget) anordnete (so zutreffend auch Stähr, in: Hauck/Noftz, Stand: 06/2020, Werkstand: 2023, § 35a SGB VIII Rz. 55). Die vom Leistungsberechtigten "eingekauften" Leistungen müssen dabei budgetfähig sein. Das heißt, es dürfen keine einmaligen Leistungen sein und sie müssen typischerweise zu den in Budgets zu erbringenden Hilfen gehören (Stähr, a. a. O.). Persönliche Budgets sind so zu bemessen, dass der individuelle Hilfebedarf gedeckt wird (OVG Saarland, Beschluss v. 27.7.2022, 2 B 107/22).
Rz. 60a
Problematisch ist die Bestimmung des Rechtswegs bei der Erbringung eines trägerübergreifenden Budgets i. S. d. § 29 Abs. 3 SGB IX. Für die Erbringung des persönlichen Budgets im Rahmen des § 35a sind die Verwaltungsgerichte zuständig (§ 40 VwGO); dagegen entscheiden über alle sonstigen Reha- und Budget-Nebenleistungen die Sozialgerichte (§ 51 SGG). Üblicherweise bestimmt sich der Rechtsweg nach der Rechtsnatur des Leistungsanspruchs.(Eicher, jM 2024, 16, 20). Im Falle des trägerübergreifenden Budgets ist das Kriterium der Rechtsnatur des Anspruchs um die Zuständigkeit für die Leistung zu ergänzen. Nur wenn der Träger der Jugendhilfe auch für die Budgetleistung zuständig (geworden) ist und Einzelleistungen nach § 35a im Budget enthalten sind, bestimmt sich der Rechtsweg nach § 40 VwGO; in allen anderen Konstellationen gilt § 51 SGG (Eicher, a. a. O.).
Rz. 61
Außerdem ordnet Abs. 3 ausdrücklich die Anwendung von § 90 SGB IX an; § 90 SGB IX regelt als Generalnorm des Kapitels 1 Teil 2 (allgemeine Vorschrift) die Aufgabe der Eingliederungshilfe. Die Aufgabe der Eingliederu...