Rz. 46
Die bisher in Abs. 2 Satz 4 geregelte Beteiligung der Arbeitsverwaltung wurde durch das KJSG v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1444) mit Wirkung zum 10.6.2021 in Abs. 3 Satz 2 verschoben und der sachliche Anwendungsbereich auf alle Sozialleistungsträger nach § 12 SGB I erweitert.
Rz. 47
Bei der Beteiligungspflicht handelt es sich um eine Sollvorschrift; es ist daher bei Vorliegen der Beteiligungsvoraussetzung i. d. R. die entsprechende Stelle bei der Erstellung des Hilfeplans zu beteiligen und nur in atypischen Fällen davon abzusehen. Im Interesse des Kindes oder des Jugendlichen ist der Ausnahmefall eng auszulegen.
Rz. 48
Die Notwendigkeit der Beteiligung von (anderen) Rehabilitationsträgern nach § 6 SGB IX und weiterer öffentlicher Stellen sowie der Schule sind, je nach der im Einzelfall gegebenen Bedarfslage, zu prüfen. Die Notwendigkeit besteht bei komplexen Bedarfen von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien. Kriterium für die Beteiligungsvoraussetzung ist die Erforderlichkeit. Eine Beteiligung soll erfolgen, soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist.
Rz. 49
Bei der Feststellung des Bedarfs der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen – und damit bei der Ermittlung der Voraussetzungen für die Beteiligung anderer Träger – besteht auch eine Pflicht der Jugendämter zur Berücksichtigung der Feststellungen anderer Rehabilitationsträger nach dem SGB IX – hier Teil 1, Kapitel 3 (Erkennung und Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs) – §§ 12, 13 SGB IX – und Kapitel 4 (Koordinierung der Leistungen) – §§ 14 bis 24 SGB IX (vgl. BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 85). Eine Beteiligung anderer Rehabilitationsträger ist dann erforderlich, wenn ein Rehabilitationsbedarf seitens des Kindes oder Jugendlichen, seiner Eltern oder auch eines oder mehrerer Geschwister besteht. Die Feststellungen des anderen Rehabilitationsträgern sind dann erforderlichenfalls – jedenfalls dann, wenn sie auch Bedeutung für die Hilfegrundentscheidung haben – auch im Hilfeplan zu dokumentieren, in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und entsprechend bei der Umsetzung zu berücksichtigen.
Rz. 50
Einzelfälle für eine solche Beteiligungspflicht können Familien mit einem psychisch- oder suchterkrankten Elternteil sein, bei denen unterschiedliche Unterstützungssysteme ineinandergreifen müssen (BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 85, hier wird verwiesen auf den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe Kinder psychisch- und suchterkrankter Eltern, S. 3, bei den sog. Begleitkindern bei der medizinischen Rehabilitation Abhängigkeitserkrankter).
Rz. 51
Bei der Beteiligung der Schule ist eine Interdependenz (psycho-)sozialer und schulischer Problemlagen notwendig (BR-Drs. 5/21 S. 82 = BT-Drs. 19/26107 S. 85); eine Beteiligung ist dann regelmäßig notwendig, wenn die Wirksamkeit einer Hilfe zur Erziehung oder Eingliederungshilfe nach § 35a aufeinander abgestimmte Unterstützungsmaßnahmen erfordert, die dem (psycho-)sozialen und dem schulischen Förder- bzw. Hilfebedarf Rechnung tragen. Dies ist i. d. R. dann der Fall, wenn eine Schulbegleitung erforderlich erscheint.
Rz. 52
Verpflichtet ist der Jugendhilfeträger, die entsprechenden Stellen zu beteiligen.
Rz. 53
Adressaten der Beteiligungsrechte sind Sozialleistungsträger nach § 12 SGB I, Rehabilitationsträger i. S. d. § 6 SGB IX, Schulen und andere öffentlichen Stellen; zu diesen zählen auch die für das Asylbewerberleistungsgesetz zuständigen Leistungsbehörden (BR-Drs. 5/21 S. 81 = BT-Drs. 19/26107 S. 85). Bei Schulen können insoweit die dort handelnden Akteure einbezogen werden; also Lehrer, Schulleitung und/oder Schulpsychologe (darauf wird ausdrücklich in den Gesetzesmaterialien hingewiesen, vgl. BR-Drs. 5/21 S. 82 = BT-Drs. 19/26107 S. 85). Mit der expliziten Regelung zur Einbeziehung der Schule in die Hilfeplanung wird auch dem überwiegend in der Arbeitsgruppe "SGB VIII: Mitreden-Mitgestalten" vertretenen Votum zur Stärkung der Zusammenarbeit von Schule und Kinder- und Jugendhilfe Rechnung getragen (Abschlussbericht Mitreden-Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe, S. 41; vgl. Gesetzeserwägungen in BR-Drs. 5/21 S. 82 = BT-Drs. 19/26107 S. 85).
Rz. 54
Verfahrensrechtlich sind für die Koordinierung der Leistungen auch die Vorschriften des SGB IX zu beachten, wenn es um den Rehabilitationsbedarf eines Kindes oder Jugendlichen mit Behinderungen geht, der über den rechtlichen Rahmen des Leistungsgesetzes des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hinausgeht. Hier regelt § 7 Abs. 2 SGB IX ein Vorrangverhältnis und ordnet an, dass die Vorschriften des Teil 1 der Kapitel 2 bis 4 des SGB IX den für die jeweiligen Rehabilitationsträger geltenden Leistungsgesetzen vorgehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Jugendhilfeträger selbst gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 6 SGB IX Rehabilitationsträger ist, soweit es i. S. d. § 5 SGB IX um Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellscha...