1.1 Struktur der Regelung nach der Neufassung durch das KJSG vom 3.6.2021
Rz. 3
Die Änderung im Einzelnen zu § 37 hat der Gesetzgeber wie folgt gestaltet. Der Gesetzgeber hat zunächst den Titel geändert in "Beratung und Unterstützung der Eltern, Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie" (statt wie bisher: "Zusammenarbeit bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie").
Rz. 4
Abs. 1 ist neu gestaltet worden. Das in Abs. 1 Satz 1 geregelte Gebot der Zusammenarbeit ist gestrichen worden, an dessen Stelle ist ein Anspruch auf Beratung und Unterstützung der Eltern getreten. Die in Abs. 1 Satz 2 geregelte Rückkehroption ist unverändert geblieben. Die in Abs. 1 Satz 3 ursprünglich vorgesehene Förderungsverpflichtung ist ersatzlos gestrichen worden. Die Regelung über die auf Dauer angelegte Lebensperspektive – ursprünglich geregelt in Abs. 1 Satz 4 – ist in Satz 3 aufgegangen; von der Zielrichtung ist die Regelung inhaltlich unverändert geblieben. Als Mittel wurde aber nunmehr auf die Eltern und deren Beratung und Unterstützung abgestellt, statt wie bisher ganz allgemein auf die beteiligten Personen.
Rz. 5
Abs. 2 in seiner bisherigen Form ist aufgehoben worden; die Vorschrift regelte bisher den Anspruch der Pflegeperson auf Beratung und Unterstützung; diese Regelung ist in § 37a aufgegangen. An dessen Stelle ist in Abs. 2 Satz 1 eine Förderverpflichtung des Jugendhilfeträgers zur Zusammenarbeit zwischen den Erziehungspersonen und den Eltern getreten. Abs. 2 Satz 2 verpflichtete den Jugendhilfeträger bei diesem Förderungsgebot der Zusammenarbeit den Anspruch der Eltern auf Beratung und Unterstützung mit dem Anspruch der Pflegeperson auf Beratung und Unterstützung nach § 37a abzustimmen; Abstimmungsgebot.
Rz. 6
Die in Abs. 2a enthaltenen Dokumentationspflichten im Hilfeplan sind in § 37c Abs. 4 aufgegangen.
Rz. 7
Abs. 3 beinhaltet seit dem KJSG nunmehr die ursprünglich in § 38 a. F. enthaltenen Regelung zur Vermittlung bei der Ausübung der Personensorge nach § 1688 Abs. 3 Satz 1 BGB (§ 38 ist insoweit auch vollständig neu gefasst worden; die Regelung enthält seit dem KJSG nunmehr die Regelung zur Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen). Abs. 3 a. F. ist in § 37b Abs. 3 aufgegangen.
1.2 Überblick
Rz. 8
Der Sinn und Zweck der Vorschrift trägt auch nach dem KJSG dem Gedanken Rechnung, dass bei Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien verstärkte Bindungen zu den neuen Bezugspersonen entstehen und deshalb eine einzelfallorientierte Koordination des Hilfeverlaufs notwendig ist, die die Einbeziehung aller Beteiligten – also der Herkunftsfamilie, der leiblichen Eltern und des Kindes, aber auch der Pflegefamilie, der Heimerzieher und Wohnbetreuer notwendig macht (BGH, Urteil v. 3.7.2014, III ZR 502/13 Rz. 16; der BGH hat mit dem Urteil auch klargestellt, dass § 37 Abs. 1 nicht dem Schutz eines Unterhaltspflichtigen, z. B. dem Kindesvater, dient, um diesen etwa vor Unterhaltszahlung zu bewahren, BGH, a. a. O. Rz. 15; hierzu auch Nellissen, jurisPR-SozR 22/2014 Anm. 5; zur Zielsetzung vgl. auch bei: Wiesner, § 37 SGB VIII, Rz. 1).
Rz. 9
Primäres Ziel ist dabei die Rückführung des Kindes bzw. Jugendlichen in seine Herkunftsfamilie (v. Koppenfels-Spies, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 3. Aufl. 2022, § 37 Rz. 15). Die Norm setzt damit konsequent die gemeinsame Gestaltung des Hilfeprozesses fort, der bereits in der Aufstellung des Hilfeplans i. S. d. § 36 Abs. 2 begonnen wurde (Wiesner, § 37 SGB VIII, Rz. 8). Die Vorschrift dient im Wesentlichen als Steuerungsinstrument, um diffusen Zukunftsperspektiven der Kinder und Jugendlichen entgegenzuwirken (zu dem Leitkonflikt bei auswärtiger Unterbringung vgl. Münder, § 37 SGB VIII, Rz. 4).
Rz. 10
Die Dauer der Hilfe sowie die weiteren Perspektiven von Bindungen und Lebensort dürfen im Interesse des Kindes nicht tabuisiert werden. Hierzu konkretisiert das Regelungsinstrumentarium der Norm das Aufgabenspektrum des Jugendamtes, das sich am Kindes- und Jugendwohl auszurichten hat. Die Vorschrift orientiert sich an der verfassungsrechtlichen Aufgabe des Staates aus Art. 6 Abs. 2 GG, das Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung zu schützen. Das umfasst auch die Pflicht, die Bindungen zu der Herkunftsfamilie zu erhalten, während ein Kind in einer Pflegefamilie untergebracht ist.
Rz. 11
Den Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst auch nach dem KJSG Abs. 1 in Form der Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32), der Vollzeitpflege (§ 33), der Erziehung im Heim oder in sonstiger betreuter Wohnform (§ 34) sowie der Eingliederungshilfe (§ 35 a). Ausdrücklich nicht erfasst ist die Hilfe für junge Volljährige; die Verweisungsnorm des § 41 Abs. 2 schließt eine entsprechende Anwendung von § 37 auch nach der Neufassung durch das KJSG aus. Adressat der Aufgaben nach § 37 Abs. 1 und Abs. 2 sind neben den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe aufgrund des Autonomieprinzips i. S. d. § 3 Abs. 2 Satz 1 auch die freien Träger. Die Aufgaben nach § 37 Abs. 3 sind aufgrund des Wortlauts "Jugendamt" hingegen ausschließlich dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe vorbehalten.
Rz. 12
Rechtsgu...