Rz. 13

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 in der noch bis zum 9.6.2021 geltenden Fassung soll bei Hilfen nach §§ 32 bis 34 und § 35a Abs. 2 Nr. 3 und 4 auf die Zusammenarbeit der Pflegeperson oder der in der Einrichtung für die Erziehung verantwortlichen Personen und den Eltern hingewirkt werden, wobei Ziel der Zusammenarbeit allein das Kindeswohl ist. Die Vorschrift stellt damit das Gebot der Zusammenarbeit auf (zum gesetzlich vorgeschriebenen Gebot der Zusammenarbeit, vgl. auch: Bay VGH, Beschluss v. 18.11.2020, 12 ZB 20.152 Rz. 11; kritisch gesehen werden die Regelungen zur Zusammenarbeit von Steege, Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie im SGB VIII: Rechtliche und fachliche Grundlagen – Teil 1 und 2, JAmt 2010 S. 101 und S. 165, da § 37 Abs. 1 nicht genau die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt, Herkunftsfamilie und Pflegeeltern koordinieren und verstärken); durch die Sollvorschrift ist zwar grundsätzlich eine Verpflichtung des Jugendhilfeträgers konstituiert. Die Kooperation folgt dem Konzept der "partnerschaftlichen Zusammenarbeit". Den Beteiligten steht jedoch kein Erzwingungsmittel zur Seite; insbesondere erwächst aus dem Gebot zur Zusammenarbeit kein einklagbarer Anspruch des nicht sorgeberechtigten Elternteils auf Teilnahme am Hilfeplangespräch bzw. auf konkrete Maßnahmen der Jugendämter (OVG Lüneburg, Beschluss v. 8.11.2011, 4 PA 292/11; VG München, Urteil v. 29.2.2012, M 18 K 12.71; vgl. auch die Komm. zu § 36). Auch das Jugendamt kann nicht auf Zwangsmittel zur Durchsetzung der Kooperation zurückgreifen. Die Zusammenarbeit erfolgt auf der Grundlage des Hilfeplans. Ziel ist es, den gemeinsam erarbeiteten Hilfeplan zu akzeptieren und umzusetzen; nicht notwendig ist ein dauerhafter oder intensiver Kontakt zwischen den Beteiligten. Neben dem Träger der Jugendhilfe sind Beteiligte im Prozess der Zusammenarbeit die Pflegeperson oder die für die Erziehung verantwortlichen Personen sowie die Eltern. Eltern sind auch die nicht sorgeberechtigten Eltern; dies ergibt sich aus § 36 Abs. 1, der für das Hilfeplanverfahren ausdrücklich nur auf die Personensorgeberechtigten abstellt (Münder, § 37 SGB VIII, Rz. 5; zur ursprünglichen Problematik der fehlenden Einbeziehung der Herkunftseltern im Rahmen von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vgl. zusammenfassend: Münder, § 37 SGB VIII, Rz. 7). Die Wahl des Plurals bei den für die Erziehung verantwortlichen Personen macht deutlich, dass regelmäßig mehr als eine Person in der Einrichtung diese Verantwortung trägt. Mit dem Begriff sind nicht die Leitungskräfte des Trägers der Einrichtung gemeint, sondern unmittelbar die Gruppenerzieher und Wohnbetreuer. Dem steht aber nicht entgegen, auch den Heimleiter im Rahmen des Gebots der Zusammenarbeit zu hören. Der Begriff Pflegeperson ist in § 44 Abs. 1 Satz 1 legal definiert und erfasst jeden, der ein Kind oder einen Jugendlichen außerhalb des Elternhauses in seiner Familie regelmäßig betreuen oder ihm Unterkunft gewähren will. Die Einbeziehung der Kinder und Jugendlichen ist durch § 37 Abs. 1 Satz 1 zwar nicht ausdrücklich vorgesehen; deren Beteiligungsrecht ergibt sich aber aus dem allgemeinen Beteiligungsgebot gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1.

 

Rz. 13a

§ 37 Abs. 1 in der bis zum 9.6.2021 gültigen Fassung, also vor Erlass des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG), konstituierte keine individuellen und einklagbaren Rechtsansprüche für Eltern von Kindern, die eine Hilfe nach § 35a erhalten haben (zutreffend VG Würzburg, Urteil v. 7.4.2022, W 3 K 20.1834, Rz. 59).

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