Rz. 4
Vorgängervorschriften finden sich verstreut und vereinzelt im SGB VIII, so ist § 27 Abs. 2 Satz 3 a. F. (bis zum 9.6.2021) einschlägige Vorgängervorschrift zu Abs. 1 und greift insoweit allgemein die bislang schon dort geregelte Einschränkung der Hilfeerbringung im Ausland auf (BR-Drs. 5/21 S. 90 = BT-Drs. 19/26107 S. 92). § 36 Abs. 4 a. F. (bis zum 9.6.2021) ist einschlägige Vorgängervorschrift zu Abs. 2 Nr. 1. § 78b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 in der bis 9.6.2021 geltenden Fassung entspricht den Regelungen in § 38 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a bis c (BR-Drs. 5/21 S. 90 = BT-Drs. 19/26107 S. 93).
Rz. 5
Korrespondierende Regelung ist schwerpunktmäßig insbesondere § 6 Abs. 3, der regelt, dass Deutschen Leistungen nach dem SGB VIII auch gewährt werden können, wenn sie ihren Aufenthalt im Ausland haben und soweit sie nicht Hilfe vom Aufenthaltsland erhalten (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil v. 31.5.2018, 5 C 1/17, mit Anm. von Störmer, jurisPR-BVerwG 23/2018 Anm. 2).
Rz. 6
Struktur der Vorschrift: Abs. 1 Satz 1 regelt den Grundsatz der Inlandserbringung. Abs. 1 Satz 2 stellt zunächst klar, dass eine Auslandserbringung nur bei Erforderlichkeit im Einzelfall in Betracht kommt, außerdem regelt die Vorschrift die Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Vorschriften sowie die Einhaltung von Regelungen im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sowie des Haager Kinderschutzübereinkommens. Abs. 2 stellt weiter kumulativ zu erfüllende Voraussetzungen für die Auslandserbringung auf; insbesondere durch Einholung einer Stellungnahme nach § 35a Abs. 1a Satz 1 und durch Sicherstellung diverser Anforderungen an den Leistungserbringer. Abs. 3 enthält Regeln über die Überprüfung und Fortschreibung des Hilfeplans. Abs. 4 sieht eine zwingende Regelung zur Beendigung der Auslandserbringung vor. Abs. 5 Satz 1 schließlich regelt bestimmte Meldepflichten des Jugendhilfeträgers gegenüber der erlaubniserteilenden Behörde und in Abs. 5 Satz 2 deren Mitwirkungspflicht bei Beendigung einer Auslandserbringung.
Rz. 7
Mit der Bündelung der Anforderungen an die Auslandserbringung hat der Gesetzgeber den Umlaufbeschlusses 1/2016 der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) v. 23.2.2016 umgesetzt (die insoweit inhaltlich interessante Anlage zum Beschluss – hier ab Seite 14 – ist im Internet abrufbar unter der Adresse: https://jfmk.de/wp-content/uploads/2018/12/JFMK_Umlaufbeschluss_1-2016_Anlage_zum_Beschluss.pdf; zuletzt abgerufen am 31.3.2023; vgl: BR-Drs. 5/21 S. 89 = BT-Drs. 19/26107 S. 92).
Rz. 8
Sinn der Regelung dem Grunde nach ist zunächst Schaffung einer umfassenden Regelung zur Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen. Die Vorschrift hat damit Bündelfunktion und führt bisherigen (Einzel-)Regelungen zur Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen zusammen, konkretisiert und qualifiziert diese. Mit dem Regelungswerk und den gesteigerten Anforderungen wird der Ausnahmecharakter der Auslandserbringung unterstrichen und der Vorrang der Inlandserbringung verschärft. Die Neuregelung und Konkretisierung der einschlägigen Vorschriften zu Auslandsmaßnahmen war erforderlich, da die intensive Form der stationären Erziehungshilfe i. S. d. § 27 Abs. 2, der bis dahin die zentrale Regelung zur Auslandserbringung enthielt – bisher nur durch wenige Regularien gesetzlich flankiert war. Zahlreiche Jugendhilfefälle im Ausland hatten deutliche Mängel sowohl in der Vorbereitung, der Durchführung als auch möglicher Einschränkungen durch die Jugendbehörden aufgezeigt. Mit den der Bündelung der gesetzlichen Vorgaben sollte die erforderliche Qualität des Trägers und der damit verbundenen Maßnahme verbessert bzw. sichergestellt werden. Die Verantwortung des öffentlichen Jugendhilfeträgers wird durch diese zentrale Regelung gestärkt (BR-Drs. 5/21 S. 89 = BT-Drs. 19/26107 S. 92; vgl. zu diesen Erwägungen bereits auch die Anlage zum Umlaufbeschlusses 1/2016 der Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) v. 23.2.2016).
Rz. 9
Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF), die regelmäßig in der Fachzeitschrift "Das Jugendamt (JAmt)" veröffentlicht werden, sind im Volltext auf der Webseite des DIJuF unter der Rubrik Publikationen, JAmt – Fachzeitschrift abrufbar (https://dijuf.de/veroeffentlichungen/jamt-fachzeitschrift, zuletzt abgerufen am 31.3.2023).